Eigenwilliger Integrationsansatz

Mit der Angst vor Hasspredigern begründet die CDU ihren Antrag, Islamkunde neben Biblischer Geschichte flächendeckend einzuführen. Zustimmung erhält sie nur von den christlichen Kirchen

von BENNO SCHIRRMEISTER

Eine Herzensangelegenheit scheint der CDU die Einführung von Islamkunde-Unterricht noch nicht zu sein: Nur drei seiner Fraktionskollegen beklatschten CDU-Bildungspolitiker Claas Rohmeyer, als er ans Rednerpult eilte, um seinen entsprechenden Antrag zu begründen.

Immerhin: Die übrigen Abgeordneten waren pünktlich aus der Mittagspause zurück, um Claas Rohmeyer dabei zuzuhören, wie er sicherheitspolitische Gründe für die Institutionalisierung des Schulfachs ins Feld führte: „Wir müssen denen etwas entgegensetzen“, sagte er, „die ihre Kinder in Koran-Schulen schicken.“ Dort nämlich lauert, schwant dem CDU-Mann, der „Hassprediger“, der „aus dem Ausland“ kommt.

Ein – Zahra Mohammadzadeh (Grüne) wird das später rügen – recht konfrontativer Ansatz für einen integrationspolitischen Vorstoß. Der sollte laut Rohmeyer „der Realität Rechnung tragen“, dass gut die Hälfte der Schulanfänger aus Migranten-Familien stammen und die muslimische Gemeinde in Bremen größer ist als die römisch-katholische. Aber er verrät auch viel über Berührungsängste des Antragsstellers: Tatsächlich hatte sich Rohmeyer vorab weder mit dem Integrationsrat noch mit der Schura kurzgeschlossen.

Die Schura vertritt die Mehrheit der islamischen Glaubensgemeinschaften in Bremen – und hielte, so ihr Sprecher Mehmet Kilinc „einen allgemeinen Religionskunde-Unterricht“ für das Ideal: In diesem sollten „die unterschiedlichen Glaubensgemeinschaften gleichberechtigt in ihrem Selbstverständnis dargestellt werden.“ Bloß sei das momentan nicht zu realisieren. Der Rat für Integration hat sich bislang noch nicht auf eine einheitliche Position zum Thema verständigen können. „Wir bereiten etwas vor“, so dessen Vorsitzender Jürgen Moroff, „aber das muss noch debattiert werden.“

Nur die christlichen Großkirchen warteten bereits mit einer gemeinsamen Stellungnahme auf. Deren Tenor: Man begrüßt den Plan, trete aber „zunächst einmal“ dafür ein, dass der Unterricht in Biblische Geschichte „nicht ständig entfällt“. Islamkunde und Biblischer Geschichtsunterricht (BGU) dürften zudem „nicht gegeneinander ausgespielt werden“.

Merkwürdig anmutende Sorgen. Immerhin erhellt Rohmeyers Präventiv-Rhetorik deren Bedeutung: Völlig unvermittelt hält er die Klarstellung für nötig, dass es eine Änderung der Landesverfassung mit der CDU „nicht geben“ werde. Diese schreibt den nicht-konfessionellen BGU „auf allgemein christlicher Grundlage“ vor. Weil die CDU nicht einmal ein Viertel der Abgeordneten stellt, könnte das zwar auch ohne Union umformuliert oder ergänzt werden. Allerdings: In der „nachdenklichen Debatte“ – so nennt Bildungssenatorin Renate Jürgens-Pieper (SPD) die Aussprache – hat niemand so recht Lust, dieses heiße Eisen anzufassen.

Das hat Gründe: Zwar benennt auch SPD-Mann Mustafa Güngör das Ideal einer „Religionskunde für alle, in der nicht über, sondern mit dem Anderen gesprochen“ werde. Allerdings sehe er das Thema „nicht so weit vorne auf der Tagesordnung“: Weder verfüge Bremen über entsprechende Lehrkräfte, noch gebe es Anträge von den Schulen, auch die betroffenen Eltern würden es nicht einfordern. Zu wenig, um sich freudig die Finger zu verbrennen.