Demographischer Wandel als Geschenk

Von 20.000 Mark auf 65 Millionen Euro: Die Bremer Heimstiftung feiert im Rathaus ihr 55-jähriges Jubiläum

15 Jahre zusätzlich. Um soviel ist die Lebenserwartung der Deutschen seit Ende des Zweiten Weltkrieges angestiegen. Wie man diese in Würde verbringen kann, ist eines der Themen auf der Jubiläumsausstellung der Bremer Heimstiftung

Mit einem Startkapital von 20.000 Mark wurde die Stiftung 1953 auf Beschluss des Bremer Senats gegründet. Fünf Häuser gehörten damals zur Stiftung, mit insgesamt knapp 500 Bewohnern. Die damaligen Verhältnisse sind mit heute nicht mehr zu vergleichen, wie Alexander Künzel, Vorstandsvorsitzender der Heimstiftung bereits in seiner Eröffnungsrede im Rathauskeller klarstellte. Damals hießen Altersheime noch Anstalten und ihre Bewohner Insassen. Heute hingegen versorgt die Stiftung an 25 Standorten in der ganze Stadt über 3.000 Bewohner und erwirtschaftet einen jährlichen Umsatz von 65 Millionen Euro.

Das Alter habe sich früher „mehr schwarz-grau als bunt“ gezeigt. Das sei heute anders. Die deutlich gestiegene Lebenserwartung sieht er deshalb nicht negativ, sondern als „reiches Geschenk“. Alte Menschen gestalteten ihr Leben bunt und vielfältig. Den inzwischen sehr unterschiedlichen Entwürfen des Älterwerdens gerecht zu werden sei eines der Hauptziele der Heimstiftung.

Wie dies in der Praxis aussieht, erklärt die Leiterin des Kundenzentrums, Antje Sörensen. Zwar gäbe es nach wie vor die sechs „Residenzen“, Häuser gehobenen Standards mit stationärer Pflege und Betreuung. Der Großteil der 3.000 Bewohner lebe aber in den Stiftungsdörfern. Dort wohnen die Senioren in Appartements. Sie regeln ihren Alltag selber, haben aber über Notrufknöpfe jederzeit die Möglichkeit, Hilfe herbeizurufen. Viele Leute wären auf diese Weise eher bereit, rechtzeitig ihre eigenen Häuser verlassen, bevor sie zu wirklichen Pflegefällen würden. Die Bereitschaft, „Wohnen mit Service“ in Anspruch zu nehmen, sei in den letzten Jahren immens gestiegen, so dass die neuen Projekte der Stiftung sich hauptsächlich auf den Bau weiterer Stiftungsdörfer konzentrieren.

In den Senioren-WGs können vor allem Demenzkranke ein annähernd selbstständiges Leben führen, immer unter den wachsamen Augen des Betreuungspersonals. Jeder hat sein eigenes Zimmer, gegessen und gekocht wird in den Gemeinschaftsräumen.

Für Antje Sörensen liegt das Konzept der Zukunft in der Ambulantisierung der Altenpflege. „Wir wollen eine Hemmschwelle abbauen. Die Leute sollen freiwillig zu uns kommen können, sich ihre Beratung abholen ohne gleich dauerhaft dableiben zu müssen.“ Deshalb fahre die Bremer Heimstiftung im Gegensatz zu anderen Trägern die stationäre Betreuung eher zurück. Ein Erfolgsrezept, wie es scheint. Beständig gewachsen bildet die Stiftung inzwischen selber jedes Jahr zwischen 50 und 60 Altenpfleger und Physiotherapeuten aus.

Noch bis Sonntag können sich Interessierte bei der Ausstellung im Unteren Rathauskeller ein Bild über die Arbeit der Bremer Heimstiftung machen. Im Kellner-Verlag erscheint außerdem das Buch „Wohnen, wo das Leben weitergeht“ über Entstehung und Entwicklung der Stiftung.

KATHARINA KEHL