Dramatische Zustände bei den Bühnen

Ihre vom Land verordnete finanzielle „Planungssicherheit“ sorgt für Zukunftsangst bei Niedersachsens Stadttheatern. Kulturminister Stratmann will sich darum nicht weiter kümmern: Er hält die kommunalen Einrichtungen für privilegiert

Niedersachsens kommunale Bühnen sind von der Insolvenz bedroht, Spartenschließungen kündigen sich an. Kulturminister Lutz Stratmann (CDU), einst angetreten, um die Regionalkultur zu stärken, rührt das wenig: Am Freitag ließ er im Landtag erklären, das Ministerium halte die „kommunalen Einrichtungen“ für „privilegiert“. Schließlich seien sie durch eine „mit Zielvereinbarungen abgesicherte Planungssicherheit“ ausgestattet. Die waren 2007 auf massiven Druck des Ministeriums zustande gekommen.

Noch im Jahr zuvor hatten die Intendanten kollektiv die Unterschrift verweigert. Einzelzugeständnisse hatten die Phalanx dann aufgerieben. Dass sie sich „als Bumerang erweisen“ würden, sei „schon mit Abschluss der Zielvereinbarungen klar“ gewesen, sagt die kulturpolitische Sprecherin der Grünen, Gabriele Heinen-Kljajic.

Die vermeintliche Planungssicherheit heißt nämlich: Der Ausgleich von Tarifsteigerungen wird ausgeschlossen. Die aber fallen diesmal so hoch aus wie nie – ein Plus von 5,1 Prozent haben Ver.di und kommunale Arbeitgeber ausgehandelt. Die Bühnen-Tarife sind daran gekoppelt. Zwar sieht auch der Vorstand des deutschen Bühnenvereins, Rolf Bolwin, „zunächst die Träger“ in der Pflicht. Aber „das mitfinanzierende Land darf sich nicht aus der Verantwortung stehlen“. Er sei aber optimistisch: Auch andernorts würden „derartige Deckelungen wieder aufgegeben“ – wegen unrealistischer Vorgaben.

Die Tarifsteigerung „verursacht bei uns Mehrkosten von 480.000 Euro pro Spielzeit“, sagt Claudia Schmitz, Verwaltungsdirektorin des Göttinger Deutschen Theaters. Dessen Subventionen liegen bei rund 6,5 Millionen jährlich – ein kleiner Betrieb. „Ich sehe kein Einsparpotenzial in dieser Größenordnung.“ Dramatischer ist die Lage beim Stratmann’schen Prestigeobjekt, dem „Theater für Niedersachsen“: Die Zwangsehe von Stadttheater Hildesheim und Landesbühne Hannover sollte beweisen, dass Fusionen Geld sparen und künstlerisch funktionieren. Versuch missglückt: Nur weil Hildesheim Ende April auf Altschulden von 280.000 Euro verzichtete, konnte der Konkurs abgewendet werden. Bloß: Da galt der neue Tarifvertrag noch gar nicht. Auch sind die Altlasten durch die Zusammenlegung nicht weniger geworden – dafür die Einnahmen: Hannovers Publikum tickt anders als das aus Hildesheim. Künftig lockt die Intendanz mit Angsthasentheater: „Land des Lächelns“, „Carmen“ und im Schauspiel „Maria Stuart“ und „eine preisgekrönte Politikerkomödie“ – vor der Schließung kommt der Hirntod. BES