Der Kronprinz

Am Samstag wird David McAllister zum Chef der Niedersachsen-CDU und damit zum potentiellen Nachfolger von Christian Wulff gekürt

VON KAI SCHÖNEBERG

„Wer redet heute noch über die Jedi-Ritter?“ Sagt jemand, der froh ist, nicht beim Club der Unions-Möchtegerns mitgemischt zu haben. Vielleicht wurde David McAllister auch gar nicht zum Youngster-Date mit Markus Söder, Stefan Mappus und Philipp Mißfelder ins Berliner Café Einstein eingeladen. Es kommt auf die Perspektive an, es kommt in seinem Alter und vor allem in seiner Partei darauf an, auf der Hut zu sein. David McAllister hat sich in jüngeren Jahren den Populismus und die Winkelzügigkeit vom früheren Fraktionschef der Niedersachsen-SPD, Sigmar Gabriel, abgeschaut, die Bodenhaftung vom seinem Entdecker, Ex-Landrat Martin Döscher.

Die bauernschlaue Vorsicht, bloß nichts Falsches zu sagen, hat er von dem Mann abgelinst, der ihn so selten lobt. Genau wie die übermächtige Angst, die Kontrolle über die anderen zu verlieren – um nie um ein Zitat verlegen zu sein, führt David McAllister Dossiers über seine politischen Gegner. Christian Wulff kürt ihn nun zu seinem Kronprinz, dem potentiellen Nachfolger. Der Regierungschef, selbst auf dem Sprung zum Prinz Charles der Partei, weil es doch trotz des ganzen Machthungers mit Berlin nichts geben könnte, wird am Samstag auf dem Parteitag in Celle das Amt des Chefs der Niedersachsen-CDU an McAllister übergeben. Gegenstimmen sind kaum zu erwarten, McAllister ist Partei-Darling. Aber die 96,6 Prozent der Stimmen, die Wulff vor zwei Jahren einfuhr, muss er sich erarbeiten.

Wulff wolle die Partei verjüngen, ein „genialer Schachzug“ flüstern seine Büchsenspanner. Das „Tandem“ Wulff-McAllister werde Niedersachsen und die CDU noch bis mindestens 2018 führen, unangefochten wie einst Regierungschef Ernst Albrecht und Wilfried Hasselmann. „Ernst am Schaufenster, ich an der Theke“ hatte Hasselmann in den 80ern die Rollenverteilung beschrieben. Aber genau wie der Rechtsaußen 20 Jahre als Parteichef zu versauern, das kann sich beim aufstrebenden McAllister, dem „neuen Wulff“, kaum jemand vorstellen. Genauso wenig, dass Wulff in Mutter Theresa-artiger Sorge um den Zustand der Bundes-CDU jetzt Angela Merkel als die Reinkarnation des Finanzexperten Friedrich Merz stützen will – ganz ohne Ambitionen, sie dereinst zu stürzen.

McAllister war acht Jahre alt, als er von Franz Josef Strauß und „Freiheit statt Sozialismus“ hörte. Der Sohn eines schottischen Soldaten lebte damals in Berlin, eingesperrt hinter einer Mauer. „Aha, Freiheit statt Sozialismus“, staunte der kleine David. So ging das wohl los mit ihm und der CDU. Ein Zeitsprung, aber sonst wenig Unterschied zum Abwatschen der „Kommunisten“ heute, der frisch in den Landtag eingezogenen Linkspartei.

Wulff war 35, als er 1994 die Führung der Landes-CDU übernahm, McAllister ist jetzt 37. Schon mit 31 war „Mac“ – er speist gerne bei der Hamburgerkette – CDU-Generalsekretär, wenig später der Chef von 91 Landtagsabgeordneten in Hannover geworden. Viele waren gut doppelt so alt wie McAllister, doch „Mecki“ hält die nun auf 63 Abgeordnete geschrumpfte Truppe zusammen. Korpsgeist, den braucht der Schützenkönig auch daheim in Bad Bederkesa. Die Koalitionsmaschine mit der FDP läuft relativ geräuschlos: Man kann sich kaum vorstellen, dass McAllister seinen Amtskollegen von der FDP, Philipp Rösler, auf eine seiner Sauftouren mitnimmt, Rösler ist aus feinerem Holz geschnitzt – aber sie mimen stets Kumpelei.

McAllister ist zwar ein Mann fürs Derbe, aber auch ein Kumpeltyp, verschmitzt, stets zum Gag aufgelegt, manchmal gar jungenhaft: Mac ruckelt stets an der Krawatte, wenn er zum Rednerpult geht – als ob er den David ablegen wollte.

„Jeder Rote muss weg, ob aus den Parlamenten oder an der Theke“, sagt er dann oder „Auf deutschem Boden darf in den Moscheen nicht in arabischer Sprache gepredigt werden.“ Das ist oft Balsam für die Parteiseele, das ist auch der Grund, warum ihn Oppositionsführer Wolfgang Jüttner (SPD) den „Bierzelt-Kasper“ nennt.