Streit um Moorburg verschärft sich

Vattenfall nennt Behördenentscheidung rechtswidrig, das Genehmigungsverfahren für das Steinkohlekraftwerk in Hamburg um drei Monate zu verlängern. In Berlin prüft der Konzern wegen politischen Drucks Alternative zu Kohle

Der Ton wird rauer. Als „definitiv falsch“ bezeichnete am Mittwoch Vattenfall-Sprecherin Sabine Neumann die Darstellung der Hamburger Umweltbehörde zum Kohlekraftwerk Moorburg. „Wir haben alle Unterlagen eingereicht, die Kritik ist gegenstandslos.“ Und damit aus ihrer Sicht auch der Beschluss der Börde von Dienstagabend, das Genehmigungsverfahren um drei Monate zu verlängern (taz berichtete).

Wegen fehlender Unterlagen für eine Kühlwasseranlage und weil wasser- und naturschutzrechtliche Fragen noch offen seien, „brauchen wir mehr Zeit“ bis zum 10. September, sagte Behördensprecher Volker Dumann zur Begründung. Zudem will die Umweltbehörde eine Fischtreppe am Elbestauwehr bei Geesthacht intensiv prüfen.

Dort soll Vattenfall eine so genannte Fischwechselanlage errichten, um vor allem Lachsen den Zug in die Oberelbe zu ermöglichen. Dies sei „eine zentrale Ausgleichsmaßnahme“, sagte Dumann, für mehrere „gewässerökologische Eingriffe in die Elbe“ durch das Kohlekraftwerk.

In dem Wehr will Vattenfall aber eine bereits 1957 im Grundsatz genehmigte Wasserkraftanlage einbauen. Da gebe es „klärungsbedürftige Wechselwirkungen“, die noch untersucht werden müssten. Schließlich sollen die Fische nach erfolgreichem Aufstieg nicht in den Wasserkraftturbinen gehäckselt werden.

Aus Sicht des Energiekonzerns sind das alles vorgeschobene Gründe. Die am Dienstagabend bekannt gegebene Verzögerung bis September „ist bereits die dritte“, klagt Neumann. Gesetzlich sei aber nur eine Fristverlängerung von drei Monaten möglich: „Dieses Vorgehen ist rechtswidrig.“

Vor dem Oberverwaltungsgericht hat der Konzern bereits im April eine Untätigkeitsklage gegen die Stadt eingereicht. Zudem droht der Konzern mit Schadenersatzforderungen von mehr als einer Milliarde Euro, falls das Kraftwerk nicht genehmigt würde. „Es gibt keine Alternative“, sagte Vattenfall-Vorstand Hans-Jürgen Cramer, zu dem mit 1.640 Megawatt leistungsstärksten Kohlekraftwerk Deutschlands.

In Berlin hingegen zeigt der schwedische Staatskonzern sich zahmer als in Hamburg. Seinen Plan, in Berlin-Lichtenberg ein halb so großes Kohlekraftwerk zu errichten, hat er nun zur Disposition gestellt. Die Anlage wird aus Klimaschutzgründen von der Jamaika-Opposition aus CDU, FDP und Grünen im Abgeordnetenhaus abgelehnt und trifft auch im rot-roten Senat auf immer weniger Gegenliebe.

Der finnische Vattenfall-Chef Tuomo Hatakka sicherte deshalb vorige Woche zu, bis zum Jahresende Alternativen auch beim Brennstoff zu prüfen. Damit ist ein Gas- und Dampfturbinenkraftwerk, wie es Grüne und SPD an der Elbe vergeblich gefordert haben, an der Spree durchaus eine Option. SVEN-MICHAEL VEIT