berliner szenen Vogelfutter

Ärger im Supermarkt

Die Frau, die an der geschlossenen Kasse steht, ist sauer. Sie ist deutlich über siebzig, trägt ein gestricktes grünes Kleid und lässt einen Weidenkorb unter ihrem gestikulierenden Arm schaukeln. „Was meckern Sie denn schon wieder?“, fragt die Kassiererin der Nachbarkasse genervt. Sie bemüht sich nicht einmal um Freundlichkeit. So wie sie klingt, steht die alte Frau hier täglich an der geschlossenen Kasse.

„Ich sage Ihnen doch schon seit Wochen, dass Sie Vogelfutter bestellen sollen“, empört sich die alte Frau. „Sie haben Hunde- und Katzenfutter hier. Aber meine Vögel haben auch Hunger.“ Die Kassiererin verdreht die Augen. „Da müssen Sie dann aber mit dem Chef sprechen.“ Die Frau entgegnet: „Das will ich ja, aber der verkriecht sich immer in seinem Kabuff.“

Die alte Frau ist laut geworden. Die Kunden an der Nachbarkasse drehen sich um, eine Frau vergisst, ihre Packung mit Eis auf das Band zu legen, etwas Flüssiges tropft auf den Boden. Die Kassiererin klingelt, ein Mann kommt an Kasse drei, fragt, was los ist. „Meine Vögel fressen nur das Futter von Ihnen!“ Die alte Frau hat sich in Rage geredet, wedelt mit dem Korb an ihrem Arm, ein Bund Petersilie fällt heraus, sie merkt es nicht. Die Kassiererin sieht die Petersilie, sagt aber nichts.

Auch der Kollege kann nicht schlichten, das Futter sei derzeit nicht lieferbar, man könne zwar bestellen, aber was solle er denn machen, er könne ja nicht zaubern? Auch sein Ton ist nicht freundlich. Die alte Frau kündigt an, in Zukunft woanders einkaufen zu gehen. Die Kassiererin schaut erleichtert.

Am nächsten Tag ist die Frau trotzdem wieder da. „Was soll ich machen, ich wohn ja schließlich nebenan.“ SVENJA BERGT