WARUM SIND DIE LKW-FAHRER IN SPANIEN SO WAHNSINNIG WÜTEND?
: Einfach überrollt

Spaniens Lkw-Fahrer-Streik spitzt sich zu. In den letzten zwei Tagen kam es zur Eskalation: Streikbrecher überfuhren mindestens drei Streikposten, einer davon kam ums Leben. Aufgebrachte Streikende schlagen zurück, stechen Reifen platt, kippen Lieferwagen um und zünden gar Lkws an, auch hier sind Verletzte zu beklagen. Warum diese Wut?

Die Lage der Trucker ist verzweifelt. Sie haben das Gefühl, vom König der Landstraße zum Deppen der Nation geworden zu sein. Die hohen Spritpreise, die 40 bis 60 Prozent der Gewinne verschlingen, sind dabei nur eines der Probleme. Auf dem Weg vom Großkunden über Großspediteur und Lagerhallenbesitzer zum tatsächlich fahrenden Subunternehmer wird der Lohn für die Fracht immer karger. Ganz unten kommt kaum noch etwas an.

Die Polizei – nicht nur auf Spaniens Autobahnen und Landstraßen – kennt den Druck, der auf den Truckern liegt. Um überhaupt noch etwas einzufahren, werden alle Vorschriften missachtet. Ruhezeiten und Lkw-Inspektionen sind für viele ein Fremdwort. Nicht etwa weil sie keinen Sinn für Sicherheit haben. Sondern weil Sicherheit längst zum Luxus geworden ist.

Dabei sind es die Lkws, die Wirtschaft und Handel in Spanien am Laufen halten. Nach kaum 72 Stunden Ausstand sind die Regale in vielen Supermärkten und Tankstellen leer, weil ausverkauft, und die Autofabriken stoppen ihre Montagebänder mangels Nachschub von den Zulieferern.

Spaniens Regierung ist schlecht beraten, wenn sie ausgerechnet mit denen verhandelt, die vom harten Alltag der Trucker profitieren. Denn als die Berufsverbände aus Wut und Trauer über den Tod eines Streikpostens den Verhandlungstisch verließen, einigte sich das Transportministerium mit den Großspediteuren und Lagerhausbesitzern auf ein Maßnahmenpaket. Von niedrigeren Spritpreisen – der Hauptforderung der Fahrer – ist da nicht die Rede. Von besseren Bedingungen für die Subunternehmer, die im Auftrag der Großen für kleines Geld lange Strecken fahren, auch nicht. REINER WANDLER