Finke und Star

Im Schweizer Fernsehen kommentieren die Kultfiguren Beni Thurnheer und Volker Finke gemeinsam EM-Spiele. Soweit die Theorie. In der Praxis redet meistens Thurnheer

„Wenn einem Spieler langsam die Puste ausgeht, wird er Trainer. Wenn ein Trainer dreimal entlassen wird, wird er Manager. Und wenn das auch nicht mehr geht, kann er immer noch als Experte zum Fernsehen.“ Das hat die Schweizer Kultfigur Beni Thurnheer, 60, in seinem Buch „Mitreden über Fußball“ geschrieben.

Zusammen mit Volker Finke, 59, kommentiert er jeden zweiten Tag ein EM-Spiel im Schweizer Fernsehen. Bei Finke, muss Thurnheer derzeit oft klarstellen, sei alles anders: „Es gibt niemanden, der von Fußball so viel versteht wie er.“

Ja, warum lässt er denn dann den guten Finke kaum zu Wort kommen? Warum redet er wie ein Maschinengewehr durch? Warum beschreibt er das Offensichtliche so, als würde er Fernsehen für Blinde machen? Mittlerweile weiß sich der beim SC Freiburg als Mensch gewordenes Kurzpassspiel verehrte Finke zu wehren. Höflich zwar („Wenn ich das noch anmerken dürfte“), aber bestimmt unterbricht er den Redeschwall von Thurnheer. Beim Spiel der Schweizer gegen die Türken schaltete Finke sich zweimal ein. „Gefährlich“, sagte er. Beide Male fiel prompt ein Tor für die Türken. Auch das Tor der Tschechen im ersten Spiel der Schweiz sah Finke kommen. Thurnheer war so geschockt, dass er seinen Kokommentator kurz zu Wort kommen ließ: „Klar muss man raus, aber dann muss am 16er Schluss sein.“ Da drängte sich die Frage auf, ob Thurnheers Dauersprech nicht verträglicher ist als Finkes Belehrungen.

Zeit, darüber nachzudenken, ob ihr Medienstar noch gut genug sieht für seinen Job, lässt Thurnheer seinen Zuschauern jedoch nicht. „Ein schöner Pass von Müller“, freute er sich und schickte, nachdem er seinen Irrtum bemerkt hatte, nach: „Der leider nicht angekommen ist.“

Richtig gut wird das Duo, wenn der eine den Deutschen, der andere den Schweizer herauskehrt. Als ein Spieler außerhalb des Feldes behandelt wird, stellt Finke klar: „Jetzt muss ich alles tun, um die Überzahl zu nützen.“ Doch Thurnheer wehrt ab: „So sind wir Schweizer nicht. Wir nutzen es nicht aus, wenn die anderen ein Mann weniger sind.“ Finke sieht es ein und sagt: „Ja, ja.“ Die Schweiz ist raus. Thurnheer und Finke bleiben am Ball.ANDREAS RÜTTENAUER