Zu Unrecht in der Wohnung geschnüffelt

Das Landgericht Flensburg erteilt der Bundesanwaltschaft wegen Paragraf 129a-Ermittlungen einen deftigen Rüffel

Die Hausdurchsuchungen bei elf Antifa-AktivistInnen aus dem Raum Bad Oldesloe im Juni vorigen Jahres waren rechtswidrig. Das hat das Landgericht Flensburg unterstrichen. Die Staatsschutzkammer untermauerte, dass der Anfangsverdacht nach dem Terrorparagrafen 129a Strafgesetzbuch (StGB) von vornherein nicht gegeben war.

Dass die 129a-Ermittlungen der Bundesanwaltschaft (BAW) gegen die Antifa-Aktivisten nicht rechtens waren, ist nicht neu. Das hat bereits der Bundesgerichtshof (BGH) deutlich gemacht. In zwei Beschlüssen zu 129a-Verfahren der BAW gegen die „mg“ (“militante gruppe“) und Gegner des G8-Gipfels hatte der BGH bekräftigt, dass Brandanschläge auf Autos die Grundordnung der Bundesrepublik nicht erschüttern könnten. Deshalb seien die Vorrausetzungen für den Paragrafen 129a nicht gegeben und auch die BAW nicht zuständig, so dass die beim BGH-Ermittlungsrichter erwirkten Maßnahmen rechtswidrig waren. Nach diesen Beschlüssen im Dezember 2007 hatte die BAW das Verfahren gegen die Antifas an die Staatsanwaltschaft Flensburg abgegeben. Den elf Menschen war zur Last gelegt worden, drei Anschläge auf Bundeswehr-Fahrzeuge verübt zu haben.

Dass das Landgericht Flensburg nur über Hausdurchsuchungen entschieden hat, liegt daran, dass die Staatsanwaltschaft nicht alle Beschwerden an das Gericht weitergeleitet hat. Die Hamburger Anwältin Britta Eder geht jedoch davon aus, dass genauso der Große Lauschangriff, die ständige Observation und GPS-Ortung sowie die Verhöre im persönlichen Umfeld und an Arbeitsplätzen für rechtwidrig erklärt worden wären.

Beim Großen Lauschangriff waren auch intimste Gespräche abgehört worden. Eder kündigt an, die Beschwerden weiter zu verfolgen, sollte die Staatsanwaltschaft die Verfahren nicht vorher einstellen. „Das Urteil ist rein rechtlich natürlich ein großer Erfolg“, bekräftigt Eder, „es zeigt einmal mehr die Willkür des Agierens der BAW.“ Dennoch werde mit dem Urteil „der erheblichen Schädigung der Privatsphäre in keiner Weise eine Wiedergutmachung gewährt.“

Der Paragraf 129a sei ein „Gesinnungsparagraf und wird von der BAW auch so genutzt“, sagt der Kieler Anwalt Axel Hoffmann. „Er dient hauptsächlich zum Aushorchen und Kriminalisieren ungewünschter oppositioneller Gruppen und deren Umfeld.“ In weniger als fünf Prozent der Fälle käme es überhaupt zum Verfahren. KAI VON APPEN