heute in bremen
: Unbeachtete Unterschiede

Petra Kolip erklärt, wie Frauenherzen schlagen

taz: Sie vertreten die These, „Frauen sind anders krank“ – inwiefern sind sie das?

Petra Kolip, Gesundheitswissenschaftlerin an der Uni Bremen: Frauen leiden häufiger an psychosomatischen und psychologischen Beeinträchtigungen und Depression. Männer hingegen haben mehr Unfälle, weil sie häufiger Risiken eingehen.

Konstatieren Sie das lediglich oder leitet sich daraus ein aufklärerischer Ansatz ab?

Es geht mir schon darum aufzuzeigen, dass unser Gesundheitssystem für geschlechtsspezifische Unterschiede wenig sensibilisiert ist. Beispiel Herzinfarkt: Frauen werden oft zu spät in Kliniken eingeliefert, weil ihre Umgebung und auch sie selbst die Symptome nicht ernst nehmen. Während es bei Männer meistens den bekannten „Stich“ im Herz und das Ausstrahlen in den linken Arm gibt, spüren Frauen eher Bauchschmerzen und Übelkeit. Diese biologischen Unterschiede finden zu wenig Beachtung. Bei Männern wiederum werden Depressionen häufig zu spät behandelt – ein Mann hat ja stark zu sein.

Die Geschlechtsneutralität der Medizin benachteiligt beide Geschlechter gleichermaßen?

Es macht wenig Sinn, das gegeneinander aufzuwiegen. Auffällig ist allerdings, dass die Defizite auf männlicher Seite bisher ebenfalls kaum erforscht werden. Dabei wäre es insbesondere in der Präventionsarbeit dringend notwendig, stärker auf Männer zugeschnittene Programme zu entwickeln.

Warum?

Weil Männer oft einen anderen Zugang zu ihrem Körper haben. Bei der einzigen mir bekannten Kampagne, die funktioniert hat, stand ein von Colani gestylter LKW auf dem Marktplatz, in dem man sich „durchchecken“ lassen konnte – da standen die Männer Schlange. Fragen: HB

„Frauen sind anders krank“: 19.30 Uhr im „Club zu Bremen“, Hinter dem Schütting 6 (Eintritt acht Euro)