„33 Schüler pro Klasse sind die Regel“

In Hannover gehen die Schüler heute auf die Straße. Sie fordern vor allem kleine Klassen und „greifbare Verbesserungen“ wie die Lehrmittelfreiheit, erklärt Schülersprecher Stephan Reinisch im taz-Interview

STEPHAN REINISCH, 16, ist Schulsprecher an der Leibnizschule Hannover. Er hatte die Demo-Idee.

taz: Stephan Reinisch, Sie organisieren die heutige Schülerdemo in Hannover. Was treibt die Schüler auf die Straße?

Stephan Reinisch: Vor allem sind die Klassen zu groß. Und wir brauchen dringend mehr Lehrer.

Wie groß denn?

Zum Teil sind es 35 Schüler in einer Klasse, obwohl eigentlich nur maximal 34 erlaubt sind. Aber dafür gibt es leider Ausnahmegenehmigungen.

Wie groß sollten die Klassen sein?

Die Organisationen der Wirtschaft sagen, dass 19 Schüler pro Klasse optimal wären. Das ist wohl unrealistisch. Aber die Klassen müssen kleiner werden. Heute sind in der Mittelstufe 33 Schüler die Regel. Das ist schlicht zu viel. Der Lärmpegel ist viel höher als in einer Klasse mit 25 Schülern. Und bei 35 Schülern kommt in 45 Minuten der Einzelne kaum zu Wort. Es ist höchstens Frontalunterricht möglich, aber der soll ja nicht mehr sein.

Waren die Klassen in Niedersachsen schon immer so voll?

Nein. Sie wurden aus Spargründen immer größer.

Im Frühjahr wurde viel übers Turbo-Abi geklagt. Auch ein Grund, auf die Straße zu gehen?

Nein. Und wir stehen auch nicht für die Einheitsschule und andere Parteiforderungen. Uns geht es um ganz konkrete, greifbare Verbesserungen für den Schulalltag, wie zum Beispiel die Lehrmittelfreiheit. Wir fordern nicht die Abschaffung des verkürzten Abiturs. Hier ist es wichtig, dass der Lehrplan entschlackt wird. Das hat Kultusministerin Elisabeth Heister-Neumann zugesagt.

Finden Sie bei ihr Gehör mit dem Thema Klassengröße?

Ich habe dankenswerter Weise heute Nachmittag die Chance, mit der Ministerin zu reden.

War dies Wahlkampfthema?

Zum Teil. Die SPD und die Grünen hatten kleinere Klassen versprochen. Die CDU aber nicht. Sie hat also kein Wahlversprechen gebrochen.

Die Demo startet um 12.30 Uhr vom Opernplatz zum Kultusministerium. Das ist in der Schulzeit. Gibt das Ärger?

Die Schüler konnten sich beurlauben lassen. Das haben viele getan.

Werden viele kommen?

Wir hoffen auf mehrere Tausend. Hängt auch vom Wetter ab.

Was tun Sie, wenn Ihr Protest nichts bewirkt?

Wir wollen mit dieser Demo ein Ausrufezeichen setzen. Wenn sich danach nichts ändert, müssen wir das wohl wiederholen.

INTERVIEW: KAIJA KUTTER