Schweizer kämpfen gegen neues AKW

Der Konzern Atel will in der Schweiz ein Atomkraftwerk bauen. Gegner wollen dies per Volksabstimmung verhindern

Angesichts steigender Erdöl-preise hat der designierte republikanische Präsidentschaftskandidat John McCain einen massiven Ausbau der Atomenergie in den USA gefordert. Bis zum Jahr 2030 sollten landesweit 45 neue Reaktoren gebaut werden, sagte der 71-Jährige. Er sehe die Atomenergie als saubere und sichere Alternative zu den fossilen Energieträgern. Dabei sei er sich bewusst, dass dieser Kurs „so schwierig wie nötig ist“. Ultimatives Ziel seien 100 neue Atomkraftwerke. Derzeit decken 104 Atomreaktoren 20 Prozent des Energiebedarfs der USA. Seit den 1970er-Jahren wurden jedoch keine neuen Atomkraftwerke mehr gebaut. (dpa)

FREIBURG taz ■ Atomkraftgegner in der Schweiz wollen den Energiekonzern Atel stoppen, der einen Bauantrag für einen Reaktor eingereicht hat. Der Leichtwasserreaktor soll in der Gemeinde Däniken im Kanton Solothurn gebaut werden, unmittelbar neben dem bestehenden Meiler Gösgen, 20 Kilometer von der deutschen Grenze entfernt. Hauptaktionär der Atel ist die EDF Alpes Investissements, die Schweizer Tochter des Atomkonzerns Electricité de France.

Däniken soll nicht der einzige Neubau bleiben, der in diesem Jahr in der Schweiz beantragt wird. Auch der Stromkonzern Axpo kündigte an, noch im Jahr 2008 ein Baugesuch einzureichen; er will zusammen mit den BKW (ehemals Bernische Kraftwerke) zwei Reaktoren bauen.

Jedoch ist die Atomkraft in der Schweiz höchst umstritten. In Kaiseraugst am Hochrhein wurde in den Siebzigerjahren ein Meiler durch Bürgerproteste verhindert. Jetzt will der Verein „Nie wieder Atomkraftwerke“ (NWA) mit Sitz in Basel gegen alle Neubauprojekte vorgehen. Rudolf Rechsteiner, sozialdemokratischer Nationalrat und einer der federführenden Akteure im NWA, nennt die Atompläne der Atel zum Beispiel „menschenverachtend“. Auch die „Allianz Stopp Atom“, ein Zusammenschluss von rund 30 Organisationen aus den Bereichen Umweltschutz, Kirche und Friedenspolitik, will ihre Bedenken öffentlich machen. Denn am Ende werden die Bürger entscheiden: Ein Neubau ist ohne Volksabstimmung nicht zulässig. So wurde es im Schweizer Kernenergiegesetz 2003 verankert. Das Referendum wird allerdings erst für 2012 erwartet. Für die Atomlobby könnte es eng werden: In einer Umfrage des Nachrichtenmagazin Facts sprachen sich im vergangenen Jahr 60 Prozent der Schweizer gegen neue Atomkraftwerke aus und nur 27 Prozent dafür.

Die Atomlobby argumentiert derweil, langfristig seien Versorgungsengpässe zu befürchten. Ab dem Jahr 2017 laufen langjährige Stromimportverträge mit Frankreich peu à peu aus. Zudem erreichen die Atomkraftwerke Beznau I und II sowie Mühleberg in den Jahren 2009 bis 2011 ihr 40. Betriebsjahr – sie gehören damit zu den ältesten Reaktoren Europas. Derzeit laufen in der Schweiz fünf Reaktorblöcke an vier Standorten, die zusammen rund 40 Prozent des nationalen Strombedarfs decken. „Die Stromlücke ist eine Denklücke“, meint die Schweizerische Energie-Stiftung (SES). Die Atomkraft sei durch Ökoenergien und Energieeffizienz zu ersetzen.

BERNWARD JANZING