Zweifel an der Zeugin

Hamburger Polizist vom Vorwurf der sexuellen Nötigung freigesprochen. Anwalt vermutet Intrige hinter Anklage

Das Amtsgericht Hamburg-Blankenese hat Kamiar M. freigesprochen. Dem Polizeibeamten war vorgeworfen worden, im September 2007 eine Schulfreundin sexuell genötigt zu haben (taz berichtete). Dass diese Meike W., „uns keine reine Lügengeschichte aufgetischt hat“, davon zeigte sich Richterin Venta Billen am Freitag in ihrer Urteilsbegründung überzeugt – „aber wir glauben nicht, dass es sich so zugetragen hat“. Der Angeklagte zeigte sich nach dem Prozess „erleichtert“. Er habe aber Angst davor, zu erfahren, wer im Polizeiapparat ihm das Ganze eingebrockt habe.

Laut Meike W., hatte der 29-Jährige ihr gegenüber Selbstmordabsichten geäußert. Als sie an jenem 11. September 2007 zu ihm in die Wohnung geeilt sei, habe er sie aber nach einiger Zeit bedrängt, dann plötzlich aufs Bett gerissen, in den Schwitzkasten genommen und begrabscht.

W., zu der M. auch nach der gemeinsamen Schulzeit sexuellen Kontakt gehabt hat, war an drei Tagen insgesamt acht Stunden lang unter Ausschluss der Öffentlichkeit vernommen worden. „Die Zeugin hat sich in der Vernehmung zurückhaltend verhalten“ und den Sachverhalt „oft ausweichend geschildert“, sagte Richterin Billen: „Oft ging es zwei Schritte zurück.“

Für Aufsehen sorgte der Fall, weil Kamiar M. am 12. September für ein Gespräch mit Hamburgs oberstem Polizeidirektor Kuno Lehmann ins Polizeipräsidium zitiert worden war. Über Lehmann wiederum hatte M. sich im Jahr 2005 einmal bei Innensenator Udo Nagel (parteilos) beschwert: Obwohl M. in einem vorangegangenen Vergewaltigungsprozess freigesprochen worden war, habe Lehmann seine Suspendierung nicht aufgehoben. Nun wollte der Polizeidirektor M. zur Kündigung bewegen – als dieser nicht einwilligte, stürmten Beamte des Mobilen Einsatzkommandos mit gezogenen Waffen das Büro und nahmen ihn fest.

Uwe Maeffert, Ms Verteidiger, erneuerte in seinem Plädoyer eine Polizei-interne Intrige: Der Wille, M. zu Schaden „stand im Mittelpunkt der Ermittlungen“, sagte Maeffert. Zuvor hatte Staatsanwalt Jörg Keunecke trotz vager Beweislage ein Jahr auf Bewährung gefordert – sowie als Konsequenz dessen Entfernung aus dem Polizeidienst. „Da gibt es zwar kein Komplott Polizei–Zeugin“, sagte Maeffert. Es sei aber jede ihrer Angaben „für bare Münze genommen“ worden, sagte Maeffert, „und dann im Umgang mit der Zeugin Gas gegeben“. Die Kontrolle der Staatsanwaltschaft habe „nicht funktioniert“. KVA