Einfach so zugetreten

Drei Jugendliche versetzen einen Studenten durch einen Tritt gegen den Kopf ins Koma. Jetzt stehen sie vor Gericht

Ein Jugendlicher habe „ihn aus dem Stand ins Gesicht getreten“, sagt die Augenzeugin. Dann sei der Getretene „stumpf nach hinten umgefallen“. Ein Moment, der das Leben des 30-jährigen Roman H. für immer veränderte: Nach dem Fußtritt und den darauf folgenden Sturz auf die Straße fiel der Student ins Koma, rang tagelang mit dem Tod. Heute besitzt Roland H. kein Kurzzeitgedächtnis mehr, kann sich keine Gesichter merken, hat alles angelesene Wissen verloren. „Er ist 30 Jahre alt“, sagt seine Mutter am Freitag vor Gericht, „aber wie ein Kind, das völlig auf uns angewiesen ist.“

Dabei wollte der Student der Wirtschaftswissenschaften am Abend des 10. Augusts 2007 nur sein Fahrrad aufschließen. Eine Gruppe angetrunkener Jugendlicher kam vorbei, einer pöbelte ihn an und trat ihm danach in Kickboxing-Manier an den Kopf. An einem langen dritten Verhandlungstag versuchte das Bremer Amtsgericht gestern herauszufinden, wer von den drei Angeklagten den folgenschweren Tritt versetzte. Auf der Anklagebank sitzen der 19-jährige Timur D., der 17-jährige Jannik K. und der 17-jährige Bardia S. Was motivierte die drei? Eigentlich gar nichts. Sie waren angetrunken. Mehr war nicht.

Die Vernehmung bringt praktisch nichts Neues: Die Zeugen widersprechen sich, es war ja auch dunkel damals. Die Täter waren in der betreffenden Nacht ähnlich gekleidet wie die drei. Der Hauptbelastungszeuge, ein Freund des verletzten Roland H., hat vor Gericht beteuert: Zugetreten hat Timur D., aber Kumpels der Angeklagten, die nun aussagen, sind sich wiederum einig: Es war Bardia S. Der hat das zu Beginn der Verhandlung auch gestanden. Er hat dem Gericht sogar demonstriert, wie er den Tritt aus dem Stand mit einer bogenförmigen Fußbewegung ausgeführt habe. Später widerrief er sein Geständnis dann.

Bardia S. ist wegen der Zeugenaussage, die Timur D. belastet, aus der U-Haft entlassen worden und kommt als freier Mann zum Gericht. Anders Timur D., der bei der Kripo trotz seines jugendlichen Alters schon eine dicke Akte hat: Einbruch, Diebstahl, Unterschlagung, Besitz von Rauschgift, Beleidigung, Bedrohung und Körperverletzung. Wenige Monate nach dem Angriff auf Roman H. hat er versucht, mit einem Gully-Deckel in ein Juweliergeschäft einzubrechen. Auf zwei Passanten, die ihn ansprachen, schlug er sofort ein – die Folgen: Nasenbeinbruch und Gehirnerschütterung.

Der Prozess wird am 1. Juli fortgesetzt. SG