Die Brücke im Kopf

Bei einem Symposium in Hamburg beschwören Wirtschafts-Vertreter den Nutzen einer festen Fehmarnbelt-Querung. Entscheidend sei die Schaffung eines Regionalbewusstseins. Als Vorbild gilt Kopenhagen-Malmö

Eine feste Querung des Fehmarnbelts würde den Europäern schon im ersten Jahr drei Millionen Stunden Reisezeit ersparen, sagt die dänische Verkehrsministerin Carina Christensen. Die Fahrt mit dem Auto von Hamburg nach Kopenhagen würde nach Schätzung der Brückenbauer statt heute gut vier Stunden nur noch drei Stunden dauern. Wird die Bahnstrecke auf eine Spitzengeschwindigkeit von 160 Stundenkilometer ausgebaut, reduziert sich die Reisezeit von 4:45 Stunden auf drei Stunden. Ein Hochgeschwindigkeitszug könnte die Strecke in zwei Stunden schaffen. Der ICE von Hamburg nach Berlin braucht anderthalb Stunden. Die feste Belt-Querung soll aus einer vierspurigen Autobahn und einer zweigleisigen Bahntrasse bestehen. Eine kritische Stelle könnte die Fehmarn-Sund-Brücke sein, die nur zweispurig ist. KNÖ

VON GERNOT KNÖDLER

Dass die Brücke über den Fehmarnbelt kommt, steht noch immer nicht zu 100 Prozent fest. Die Handelskammern Hamburgs und Schleswig-Holsteins haben die Bundesregierung gestern aufgefordert, den ausstehenden Staatsvertrag mit Dänemark „zügig auf den Weg zu bringen“. Mit einem internationalen Symposium über die Chancen einer festen Verbindung zwischen Puttgarden und Rødby versuchten sie gestern, die Politiker in Berlin auf Kurs zu bringen. Als Vorbild diente dabei die Öresundbrücke zwischen Kopenhagen und Malmö.

„Die Fehmarnbelt-Brücke ist der noch fehlende Schritt, um Skandinavien landseitig mit Kontinentaleuropa zu verbinden“, sagte die dänische Verkehrsministerin Carina Christensen in der Hamburger Handelskammer. Die EU-Kommission sei bereit, bis 2013 ein Viertel der Kosten zu tragen.

Laut einer Absichtserklärung der Verkehrsminister Dänemarks und Deutschlands vom Juni 2007 will Dänemark das finanzielle Risiko für die Brücke tragen. Deutschland will auf Fehmarn eine Autobahn bauen sowie die Bahnstrecke nach Puttgarden ausbauen. Die Erklärung sollten eigentlich noch im vergangenen Jahr in einen Staatsvertrag münden. „Die letzten Details werden gerade verhandelt“, sagte Ministerin Christensen. Sie hoffe, dass der Vertrag sehr bald unterzeichnet werde.

Vertreter der Bundesregierung waren nicht auf dem Symposium. Dafür legte sich die schleswig-holsteinische Staatssekretärin Karin Wiedemann umso mehr ins Zeug: Das Vorhaben stärke das Wirtschaftswachstum in einem Bereich von bis zu 700 Kilometern nördlich und südlich der Brücke. Der dauerhafte Beschäftigungseffekt liege bei 740 Arbeitsplätzen.

Die meisten Vorteile entstünden „in unmittelbarer Nähe der Brücke“, behauptete Wiedemann. Weil sie künftig besser erreichbar wären, könnten sich auch kleinere und mittlere Unternehmen auf den Export stürzen. Die Bewohner Ostholsteins könnten bei Bedarf pendeln, statt abzuwandern. Allerdings müsse sich die Region auf die Brücke einstellen: „Die Landkreise müssen sich vorbereiten, sonst besteht die Gefahr, dass sie reine Transitgebiete werden.“

Die von Vertretern Fehmarns geäußerte Angst, wegen der jahrelangen Bauarbeiten und der dann durch die Halbinsel führenden Autobahn könnten die Touristen ausbleiben, erklärte die Staatssekretärin für unbegründet: „Gefahren für den Tourismus in der Region sieht die Landesregierung nicht.“ Schon die Baustelle werde Touristen anziehen. Die Brücke werde es Tagestouristen leichter machen.

„Die Fehmarnbelt-Querung verbindet die beiden Kraftzentren Kopenhagen/Malmö und Hamburg/Lübeck und schafft einen nordeuropäischen Wachstumskorridor – mit Fehmarn in der Mitte“, umriss Frank Horch, der Präses der Handelskammer Hamburg die Zukunft.

Mut macht er sich mit der Region Malmö/Kopenhagen, wo sich die zwölf Universitäten zusammengeschlossen haben, ebenso die Häfen. Der Fährverkehr schrumpfte um 20 Prozent, doch dafür mauserte sich Kopenhagen/Malmö nach Aussage des Hafenchefs Lars Karlsson zum Logistikzentrum für Skandinavien. Die Pharmaindustrie boome auf beiden Seiten des Sunds. Heute arbeiteten viele Schweden in Dänemark, weil es dort Jobs gebe. Viele Dänen wohnten in Schweden, weil es dort Platz gebe.

Die Öresund-Brücke verbindet direkt zwei Ballungsräume: 2,4 Millionen Menschen in Dänemark und 1,2 Millionen in Schweden. Der Ballungsraum Hamburg mit 4,5 Millionen Menschen liegt allerdings 320 Kilometer von Kopenhagen entfernt.