OFF-KINO
: Filme aus dem Archv – frisch gesichtet

Zu den wichtigsten Persönlichkeiten des deutschen Nachkriegskinos gehört zweifellos der Filmproduzent Artur Brauner, der am 1. August seinen 90. Geburtstag feiert. Eine 25 Filme umfassende Reihe im Zeughauskino ist den unterschiedlichen Ausprägungen seines Wirkens auf der Spur: von großem Starkino bis zum absurden Trashfilm, von anspruchslosen Revueträllereien bis zum zeitkritischen Problemfilm – Brauner war an allen Fronten zu finden. Ein Anliegen waren ihm auch stets Produktionen, die sich mit der Schoah und der deutschen Nazivergangenheit befassen, und er war es auch, der emigrierte Regisseure wie Robert Siodmak, Fritz Lang und Gottfried Reinhardt, den Sohn von Max Reinhardt, wieder in Deutschland beschäftigte. Eröffnet wird die Filmreihe mit Siodmaks Verfilmung von Gerhard Hauptmanns Tragikomödie „Die Ratten“: Dessen Geschichte um den Verkauf eines ungeborenen Kindes und die sich anschließenden Dramen verlegt der Film ins düstere Nachkriegs-Berlin, wo sich Maria Schell als verzweifeltes Flüchtlingsmädchen aus dem Osten durch eine desillusionierend kaputte Welt bewegt. „Die Ratten“ gewann 1955 bei der Berlinale den Goldenen Bären, der damals noch per Publikumsabstimmung ermittelt wurde.

John Waters stellt sich auf eine Bühne und erzählt. Souverän berichtet der Regisseur unvergessener Trash-Perlen wie „Polyester“ eineinhalb Stunden von den wichtigsten Einflüssen in seiner Kindheit (natürlich die Gimmick-Horrorfilme von William Castle) und von Dreharbeiten mit Stars wie Divine und Traci Lords. Zudem plädiert er dafür, sein Frühwerk in Kotzgrün zu kolorisieren, und gibt praktische Sextipps: „SM looks stupid on the beach!“ Und: „If you go home with somebody and they don’t have books, don’t fuck them!“ Waters lässt in seinem selbst geschriebenen Auftritt „This Filthy World!“, den Jeff Garlin im Stil einer konventionellen Fernsehshow inszeniert hat, definitiv keinen Kalauer aus, doch zugleich erkennt man in jedem Moment, dass sich hier ein sehr feinsinniger, intellektueller Kenner von Kunst und Kino äußert und ein anarchischer Bekämpfer der Zensur zumal.

Für die computeranimierte Kinoversion der Fernsehserie „Die Drachenjäger“ haben sich die französischen Regisseure Guillaume Ivernel und Arthur Qwak so einiges an bizarren Welten und seltsamen Kreaturen einfallen lassen: Ihre Titelhelden, die nur mäßig erfolgreichen Drachenjäger Lian-Chu und Gwizdo, durchstreifen auf der Suche nach neuen Auftraggebern ein stellenweise von Miyazaki-Filmen inspiriertes Universum voller vorbeischwebender kleiner und größerer Planeten mit zerfallenden Burgen sowie einer absonderlichen Natur mit gefährlichen Geschöpfen wie dem „Albernen Kürbis-Drachen“, der sich aus hunderten Fledermäusen zusammensetzt. Eher zufällig bekommen Lian Chu, ein gutmütiger Riese, der stets die Drecksarbeit erledigen muss, und der ziemlich feige Gwizdo schließlich den Job, den furchtbarsten aller Drachen zu erledigen und die Welt zu retten – eine Aufgabe, an der man nur wachsen kann. LARS PENNING

„Die Ratten“ 2. 7. im Zeughauskino

„This Filthy World!“ (OF) 1. 7. im White Trash Fast Food

„Die Drachenjäger“ 26. 6.–2. 7. Cineplex Titania; 28./29. 6. Kulturbrauerei; 28. 6. Kino Kiste