Mann unter Strom

WERNER MARNETTE, 62, hat 13 Jahre lang erfolgreich die Norddeutsche Affinerie AG geführt, die größte Kupferhütte Europas. In Kiel wird erwartet, dass er kommende Woche als Nachfolger von Wirtschaftsminister Dietrich Austermann (CDU) verkündet wird.  FOTO: DPA

Werner Marnette wäre eine Bereicherung für den politischen Betrieb. Der vor einem Dreivierteljahr ausgeschiedene ehemalige Vorstandsvorsitzende der Norddeutschen Affinerie (NA) ist als Nachfolger für den scheidenden schleswig-holsteinischen Wirtschaftsminister Dietrich Austermann (CDU) im Gespräch (taz berichtete kurz). Marnette hat Verve und er drückt sich gerne plastisch aus. Er kombiniert Unterhaltungswert mit Managementfähigkeiten und hat als Verbandsvertreter viele Jahre lang nebenbei Politik betrieben.

Der Manager ist 1945 in Köln geboren worden. Er hat an der RWTH Aachen Metallhüttenkunde studiert. Das rheinische Idiom hört man ihm immer noch an. Außer einem einjährigen Zwischenspiel bei dem eigenwilligen Stahlunternehmer Willy Korf hat er sein ganzes Berufsleben bei der Kupferhütte NA verbracht. Man nimmt es ihm ab, wenn er sagt; „Mir liegt die NA am Herzen.“

Bundesweit bekannt wurde Marnette durch seinen Kampf gegen hohe Strompreise. Er machte dafür die hohen staatlichen Abgaben verantwortlich, ging aber auch die vier großen Stromkonzerne an, denen er vorwarf, ein Oligopol zu bilden und so die Preise zu manipulieren. Die Härtefallregelung für energieintensive Unternehmen wie die NA kommentierte er: „Das ist so, wie wenn Sie aufgehängt werden und der Henker stopft Ihnen einen Sauerstoff-Schlauch in den Mund.“

Der harte Schlagabtausch mit den Energieversorgern hat ihn zwar den Vorsitz im Energieausschuss des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) gekostet. Das hinderte Marnette jedoch nicht, zum Wohle der „Affi“ mit einem Versorger zusammenzuarbeiten: Die NA kaufte von Vattenfall eine „virtuelle Kraftwerksscheibe“ – einen Kraftwerksanteil mit der von ihr benötigten Leistung. Vor diesem Coup hatte er geplant, die Hütte mit billigen Strom aus einem Müllheizkraftwerk zu versorgen.

In seinen 13 Jahren als NA-Chef hat Marnette gelernt, dass sich Umweltschutz auch rentieren kann. Hatte er 1997 gewarnt, dass zu viel Umweltschutz Arbeitsplätze koste, beteiligte sich die früher als Dreckschleuder verschrieene Affi 2007 als erstes Unternehmen am Klimaschutzprogramm des Hamburger Senats – allerdings auf freiwilliger Basis. GERNOT KNÖDLER