Warten auf Jogi, Michi und Schweini

Hunderttausende Fans werden heute Vormittag zum Empfang der deutschen Nationalelf am Brandenburger Tor erwartet. Schüler bekommen ab 14.30 Uhr fußballfrei. Die Polizei rechnet mit einem friedlichen Ablauf

Auch wenn das Turnier seit Sonntag zu Ende ist: Vor dem Brandenburger Tor geht die Europameisterschaft heute in die Verlängerung. Tausende Fans werden vom Vormittag an auf der Fanmeile erwartet, um der Nationalelf von Trainer Jogi Löw einen sommermärchenhaften Empfang zu bereiten. „Das ist das eigentliche Ereignis“, sagte am Sonntag Michael Teders, der mit zwei Freunden für Endspiel und den Auftritt der Mannschaft aus Hamburg angereist war.

Wenn um zehn Uhr die Absperrungen geöffnet werden, könnte sich das 1,2 Kilometer lange Areal schnell füllen: Viele Berliner haben sich den Tag freigenommen, Schüler dürfen auf die Gunst ihrer Lehrer hoffen. Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) hatte Lehrern geraten, den Kindern und Jugendlichen für den Empfang um 14.30 Uhr freizugeben. Den Unterricht wegen des späten Spielbeginns am Sonntag ganz ausfallen zu lassen lehnte er aber ab.

Die Spieler betrachten Berlin seit der Weltmeisterschaft vor zwei Jahren wie ein Zuhause – damals hatten ihnen mehr als 1,5 Millionen auf der Fanmeile zugejubelt. Deshalb sei es ausdrücklicher Wunsch der Mannschaft gewesen, in die Hauptstadt zu den Fans zu reisen, sagte DFB-Manager Oliver Bierhoff. Die Betreiber der Fanmeile hoffen auf einen ähnlichen Ansturm wie vor zwei Jahren. „Wenn nicht mindestens 100.000 Fans da sind, sieht die Meile optisch leer aus“, sagte Betreiber Willy Kausch der Berliner Morgenpost.

Auch die Gastronomen sehnen wohl einen umsatzstarken Schlusstag herbei. Bislang sei das Geschäft eher mau gewesen, sagten mehrere Würstchenbrater. „Die EM hätte etwas später sein müssen“, erklärte eine Verkäuferin. „Die Leute haben kein Geld, und Zahltag ist erst am Dienstag.“ Bei der Weltmeisterschaft seien die Besucher konsumfreudiger gewesen.

Die Preise indes verleiteten auch nicht zu kulinarischen Genüssen. „6 Euro habe ich allein für die zwei kleinen Getränkeflaschen gezahlt“, sagte Gabriele Kohlhase. „6 Euro gingen dann noch mal für die Würstchen drauf.“ Sie war wegen ihres Sohns Mike am Nachmittag in den Tiergarten gefahren, abends zum Spiel sollte zu Hause der Fernseher eingeschaltet werden. Der Zehnjährige würde zwar gern am Brandenburger Tor schauen – bis er dann in Köpenick im Bett läge, wäre es aber etwas spät. Wie Familie Kohlhase schlenderten tausende Fans gegen Mittag auf der Straße des 17. Juni. Viele wollten das Endspiel lieber zu Hause oder an anderen Public-Viewing-Plätzen verfolgen.

Für Kerstin Rickhoff aus Buckow war hingegen klar: Public Viewing auf der Fanmeile muss sein. „Wir machen jetzt Party bis zum Anpfiff“, sagte sie am Mittag, als sie mit ihrer 18-jährigen Tochter am Bordsteinrand im Schatten saß. Dass es zu voll oder gefährlich werden könnte, glaubte sie nicht. Bei den bisherigen Spielen sei es immer friedlich gewesen.

Auch der Sicherheitsdienst rechnete mit einem ruhigen Abend. „Aber vorbereitet sind wir natürlich auf Auseinandersetzungen“, sagte ein Wachmann. Die Polizei ist heute am Brandenburger Tor mit 1.600 Beamten aus Berlin, Brandenburg und dem Bund im Einsatz.

JOANNA ITZEK, KRISTINA PEZZEI