„Sie leben von den Vorräten ihrer Vorgänger“

Ein Jahr Rot-Grün an der Regierung: Die Opposition sieht Konfusion, Taktiererei und Skrupellosigkeit

„Ach du Scheiße“: Mit diesen Worten kommentiert die Pressesprecherin der „Linken“ nicht „ein Jahr Rot-Grün“, sondern das Fehlen ihrer Partei bei der entsprechenden Bilanz der Opposition. Doch auch ohne die Schützenhilfe von links lassen CDU und FDP kaum ein gutes Haar an der regierenden Koalition.

Rot-Grün habe „nicht ein Projekt zur Schaffung neuer Arbeitsplätze“ zustande bekommen, sondern lebe „ausschließlich von den Vorräten ihrer Vorgänger“, so CDU-Chef Thomas Röwekamp. Alles, was jetzt eingeweiht werde, etwa die Bremerhavener Windenergie-Anlagen, sei von Schwarz-Rot auf den Weg gebracht worden. FDP-Chef Uwe Woltemath sieht seine Kritik an Rot-Grün, etwa in Sachen Umweltzone, Klinik-Umstrukturierung und fehlender finanzieller Erfolge bei der Förderalismusreform, als „im Wesentlichen deckungsgleich“ mit der CDU.

Die Bildungspolitik sei geprägt von Konfusion und Taktiererei, sagt Röwekamp: „Rot-Grün wird die Axt nicht an die durchgängigen Gymnasien legen, obwohl sie das eigentlich wollen.“ Die „Linke“, die ihren gesundheitsbedingten Personalengpass mit einer schriftlichen Einlassung zu kompensieren suchte, kritisiert die Schulpolitik aus anderer Warte: Statt „eine gemeinsame Schule für alle“ einzurichten, bastele Rot-Grün an seinem sozial diskriminierenden „Zwei-Säulen-Modell“ mit Gymnasium und „Restschule“.

Hat Rot-Grün irgendetwas besser gemacht, als es die Opposition erwartet hätte? Röwekamp, nach einem Moment des Schweigens: „Es ist durchaus bemerkenswert, mit welcher Skrupellosigkeit Rot-Grün in Sachen Posten und Personalien“ vorgehe – „ich hätte nicht gedacht, dass sie das so schnell hinkriegen“. Jüngstes Beispiel sei die eilige Besetzung der Geschäftsführung in der zu fusionierenden BIG (siehe oben).

Wie aber steht es mit dem Stolz der grünen Finanzsenatorin, „erstmals wieder einen gesetzeskonformen Haushalt“ vorgelegt zu haben? „Das ist Makulatur“, sagt Röwekamp knapp – es habe mit Rot-Grün keinen Zuwachs an „Haushaltswahrheit und -klarheit“ gegeben. Ein Umkehrschluss auf das Haushaltsgebaren der großen Koalition? Ein Etat könne nie alle verborgenen finanziellen Risiken darstellen, erklärt Röwekamp, „es geht nicht transparenter“. Was er Rot-Grün immerhin bescheinige, sei die Wahrung der Haushaltsdisziplin. Woltemath fand gut, dass der Haushalt „früher als sonst“ vorlag. Was dessen Inhalte freilich nicht besser mache. HB