Merkel gegen Steuerrabatt für Bauern

Kanzlerin weist beim Bauerntag Forderung nach billigerem Diesel zurück. Präsident Sonnleitner kritisiert Milchbauern

BERLIN rtr/dpa/taz ■ Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat die Forderungen der Bauern nach Steuerentlastungen zurückgewiesen. Eine Reduzierung der Agrardieselsteuer werde es nicht geben, sagte sie am Dienstag auf dem Deutschen Bauerntag in Berlin. Eine solche Maßnahme habe angesichts der steigenden Rohstoffpreise keine große Wirkung. Wichtiger sei, den Preisanstieg für Rohöl zu stoppen. „Ansonsten wird der steuerliche Vorteil nach 14 Tagen schon wieder vergessen sein“, so die Kanzlerin vor gut 1.000 Landwirten. Die hohen Energie- und Rohstoffpreise seien deshalb ein zentrales Thema auf dem bevorstehenden G-8-Gipfel der führenden Industriestaaten in Japan.

Bauernpräsident Gerd Sonnleitner hatte am Vortag zur Eröffnung des Bauerntags eine Senkung der Agrardieselsteuer verlangt. „Wir wollen keine Steuervergünstigung. Wir wollen so behandelt werden wie die Kollegen in Europa auch“, sagte er. Dies käme einer Entlastung um 680 Millionen Euro im Jahr gleich.

Die Bundesregierung stehe unabhängig von diesem Dissens voll hinter den Landwirten, sagte Merkel. Bei der Schaffung weltweiter Handelsbedingungen werde Deutschland nur fairen Regeln mit Mindeststandards etwa gegen Umweltzerstörung und Kinderarbeit zustimmen. Ebenso werde sich die Regierung in Brüssel bei der für 2013 geplanten Abschaffung der Milchquoten für eine Auffanglösung einsetzen. Der Bauernverband hat hierfür zur Unterstützung der Milchbauern einen Fonds aus überschüssigen EU-Mitteln im Volumen von 300 Millionen Euro jährlich vorgeschlagen. EU-Agrarkommissarin Mariann Fischer Boel hatte am Vortag jedoch erneut deutlich gemacht, dass sie einen solchen Fonds ablehnt.

Merkel forderte die Bauern auf, ihr Gewicht als Produzenten auszuspielen, um gute Preise zu erzielen. „Es kann nicht sein, dass die Nahrungsmittel, die importiert werden, ihren Preis verlangen, und die, die bei uns produziert werden, im Preis niedrig gehalten werden“, kritisierte sie. Bauernpräsident Gerd Sonnleitner übte beim Bauerntag derweil scharfe Kritik am Lieferstopp der Milchbauern. „Der Milchstreik war nicht unsere Erfindung und nicht unser Mittel der Wahl“, sagte Sonnleitner. Er sprach von teils „schockierendem“ Vorgehen und kritisierte „manches ungehörige und illegale Verhalten einiger Berufskollegen“. Dem Discounter Aldi warf er Preisdiktat vor. Sonnleitner forderte höhere Milchpreise, dafür stünden alle Bauern ein.

Der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM), der in Konkurrenz zum Bauernverband steht, hatte mit einem zehntägigen Lieferstopp einen leichten Milchpreisanstieg erreicht. Im Juni hatte sich Sonnleitner angesichts des erfolgreichen Boykotts zögerlich hinter die Forderungen der protestierenden Milchviehhalter gestellt.