Der Bauer, der Metzger schlug

Am nächsten Morgen stand Josef Rief schon wieder im Stall. Der Landwirtschaftsmeister hatte mit Freunden ein paar Bier getrunken bei sich in der Stube, um den Sieg zu feiern gegen den Oswald Metzger. Es war zwei, halb drei geworden, aber Josef Rief ist das frühe Aufstehen gewöhnt und um die Schweine muss sich ja auch jemand kümmern.

Das Leben geht weiter. So wie Rief es geplant hat. Er ist 48, hat drei Kinder. Seine Frau, eine Historikerin, kümmert sich um sie. Er hat seinen Hof, die Schweine, den Wald und als Hobby die Bienen. Er ist Chef des CDU-Kreisverbandes Biberach und im Landesvorstand sitzt er auch. Es ist schon lange klar, dass der örtliche Bundestagsabgeordnete aufhört, und Rief hat sich deshalb vorgenommen, dass er gut ins Parlament einziehen könnte. Die CDU ist stark in Oberschwaben, der Wahlkreis ist sicher. So hat es Rief geplant.

Aber dann ist auf einmal Oswald Metzger bei den Grünen ausgetreten. Er ist in die CDU eingetreten, in Riefs Kreisverband, begleitet von Kameras und viel Getöse. Rief hat gemurrt. Die CDU gehört zu seinem Gleichgewicht, sein Vater war CDU-Ortsvorsitzender, sein Großvater Gemeinderat fürs Zentrum. Es muss etwas gewankt haben in ihm, auch wenn man es ihm nicht anmerkte im parteiinternen Wahlkampf, den er nun zu führen hatte. Er hütete sich, gegen den Ex-Grünen zu holzen, sprach lieber von Infrastruktur und DSL. Spielte er auf Metzgers Vergangenheit an, dann nur behutsam: „Wir brauchen glaubwürdige Köpfe.“

Es klappte. „Ich hab gewonnen“, sagt Josef Rief, und es klingt erdig und sicher. 58,1 Prozent Rief, 41,9 Prozent Metzger – eigentlich ist so ein Ergebnis eine Katastrophe für einen amtierenden Kreisvorsitzenden. Metzger kann sich inszenieren und Rief hat Gegner in der Partei, das zeigt das Resultat und das bestätigen auch CDU-Politiker. Vielleicht, weil Rief poltern kann, vielleicht, weil er manchen zu altmodisch ist.

„Einundvierzig und ein paar Zerquetschte“, nennt er Metzgers Ergebnis in seinem tiefen Oberschwäbisch, bei dem man hört, dass Bayern ganz in der Nähe liegt.

Er wird im Bundestag ein Hinterbänkler sein. Aber wenn man ihm zuhört, wenn er von Fleiß redet, von seiner Verwurzelung in Oberschwaben und davon, dass nach der ganzen Arbeit am Ende des Lebens die Familie das Wichtigste ist, dann weiß man, dass er eben doch eine Rolle haben wird in Berlin. Nicht als Medienprofi oder als Strippenzieher. Sondern als einer von ganz wenigen Bauern im Parlament. „Ich freu mich auf Berlin“, sagt Josef Rief. Um die Schweine müsste sich dann ein Angestellter kümmern.

GEORG LÖWISCH

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