Jukebox

Drunten am Fluss (wo man Mädchen erschießt)

Stille Wasser sind nur tief. Erst in Bewegung kommt mehr dazu: Ein reißender Strom, der Bach sprudelt, die Quelle blubbert, da ist schon Musik drin, im Fluss.

Bedřich Smetana übersetzte das und schilderte musikalisch den Lauf der „Moldau“. Das Songwriterduo Eisler/Brecht hat daraus ein Lied gemacht. Der gleiche Fluss, nach der Melodie Smetanas: „Am Grunde der Moldau wandern die Steine / Es liegen drei Kaiser begraben in Prag. / Das Große bleibt groß nicht und klein nicht das Kleine. / Die Nacht hat zwölf Stunden, dann kommt schon der Tag.“

Weil man schon ein paar Worte braucht für die wirklich dramatischen Dinge, die da drunten am Wasser passieren. Denn der Fluss, das ist natürlich die Metapher vom Fluss des Lebens. Deswegen wird im internationalen Liedgut an Wasser nicht gespart. Dem Fluss aber ist nichts Menschliches fremd. An seinen Ufern treiben sich auch dunklere Gestalten herum, um ihren heimlichen Geschäften nachzugehen, und so gibt es als Unterkategorie zu den Fluss-Liedern – vorbildlich darin Bruce Springsteen mit „The River“ – die „Drunten am Fluss erschoss ich mein Mädchen“-Lieder. Wie es Neil Young sang, „Down by the river / Dead, oh, shot her dead.“ Eine der schönsten Wasserleichen in dieser Zunft ist bestimmt Kylie Minogue, hier erst einmal ihre Sicht der Dinge: „On the third day he took me to the river / He showed me the roses and we kissed / And the last thing I heard was a muttered word / As he knelt above me with a rock in his fist“, und dann übernimmt Nick Cave in diesem „Where the wild roses grow“ und singt: „And I kissed her goodbye, said, ‚all beauty must die‘.“

Und letztes Beispiel, so anrührend, ganz klamm: Randy Newman mit „In Germany before the war“. In Düsseldorf, da sitzt er, unten am Fluss. Er ist nicht allein. „We lie beneath the autumn sky / My little golden girl and I / And she lies very still.“ Ganz ruhig. Vorbei.

Davor aber sang er noch den großen Refrain aller Fluss-Lieder: „I’m looking at the river / But I’m thinking of the sea / Thinking of the sea…“

Alle Flüsse drängen zum Meer. Das Meer, das alles verschlingt, wegschwemmt, alle Schlacken, allen Schmerz.

Mit dem Meer fängt man dann auch an beim „Wassermusik“-Festival im Haus der Kulturen der Welt. Wenigstens mit der Begleitmusik zum Meeresrand, am Donnerstag, mit den Surfaris und der Leopold Kraus Wellenkapelle. Der Soundtrack zum Wellenreiten. Surf. THOMAS MAUCH