Ungewollt kinderlos

betr.: „Ich wollte auch mal“, taz vom 2. 7. 08

Grundsätzlich ist es begrüßenswert, dass die taz mit der Interviewseite ein von ungewollter Kinderlosigkeit betroffenes Paar seine Behandlungserlebnisse in ausführlicher Weise darstellen lässt. In einigen der beschriebenen Situationen werden sich sicher viele Paare, die ähnliche Behandlungen haben durchführen lassen, wiederfinden. Allerdings scheint es mir, dass durch die redaktionelle Umrahmung des Interviews die „Lehre“ vermittelt werden soll, dass reproduktionsmedizinische Behandlungen zumeist unsinnig sind und betroffene Paare doch besser nach Alternativen wie einer Pflegeelternschaft suchen sollten. Mit dieser im „Subtext“ der „Protokoll“-Seite enthaltenen „Moral von der Geschicht’ “ wird man jedoch dem Problem der ungewollten Kinderlosigkeit nicht gerecht. Stattdessen wären folgende Maßnahmen dazu geeignet, die Situation der Betroffenen zu verbessern:

1. Ein offener Umgang der Gesellschaft mit dem wachsenden Problem der ungewollten Kinderlosigkeit – hier tragen die Medien immerhin in letzter Zeit manches zur Veränderung bei. Gerade die taz hat hier eine besondere Verantwortung, weil im grün-alternativen Milieu ähnlich wie in kirchlich geprägten Kreisen zahlreiche Vorurteile bestehen.

2. Eine Überarbeitung der gesetzlichen Bestimmungen, die die ungewollte Kinderlosigkeit betreffen. Zu nennen sind hier insbesondere: die Rücknahme der Kostenerstattungskürzungen durch die Krankenkassen sowie eine Modernisierung des restriktiven Embryonenschutzgesetzes, die eine reproduktionsmedizinische Behandlung nach dem heutigen Forschungsstand auch in Deutschland wieder ermöglicht und damit die Erfolgsaussichten einer Behandlung erhöht. Ich verweise hier auf den Forderungskatalog der „Aktion Kinderwunsch“ (www.aktionkinderwunsch.de).

3. Ein stärkeres Augenmerk auf die psychosozialen Probleme, die mit ungewollter Kinderlosigkeit verbunden sind. Eine entsprechende begleitende Beratung durch Psychologen oder in Selbsthilfegruppen sollte eigentlich die Regel und nicht die Ausnahme für Paare sein, die mit der Diagnose ungewollter Kinderlosigkeit konfrontiert werden. So könnten Betroffene auch besser dazu angeleitet werden, selbst zu entscheiden, ob oder ggf. wie lange eine reproduktionsmedizinische Behandlung versucht oder ob alternative Wege verfolgt werden sollen. Name und Anschrift sind der Red. bekannt