Grüne wollen Steuern umschichten

Freibeträge sollen steigen und der Spitzensatz von 42 auf 45 Prozent angehoben werden

1,75 Euro, diesen europäischen Rekordpreis müssen jetzt NorwegerInnen für einen Liter Normalbenzin zahlen. Denn am 1. Juli wurden noch mal 1,5 Cent draufgeschlagen – für eine neue Umweltsteuer. Deren Erlös soll in den Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs fließen. Die rot-grüne Regierung sah keinen Grund, die vor Monaten beschlossene Steuer wegen der steigenden Ölpreise aufzuschieben. „Da ist der Markt, und hier ist die Steuer. Für uns gibt es da keinen Zusammenhang“, meinte die Finanzministerin Kristin Halvorsen von der Linkspartei, „und die Verbrauchszahlen zeigen, dass Benzin offenbar immer noch zu billig ist.“ 68 Prozent der NorwegerInnen sind jedoch anderer Meinung. Von dem neuen Unmut profitiert nun die rechtspopulistische Fortschrittspartei, die sich als einzige Parlamentspartei gegen die Steuer aussprach: Ein Jahr vor den Parlamentswahlen ist sie laut Umfragen mit 30 Prozent jetzt stärkste Partei geworden. RWO

BERLIN taz ■ Die Grünen setzen in der Steuerpolitik auf eine Entlastung von kleinen und mittleren Einkommen. Durch eine Anhebung des Spitzensteuersatzes und den Wegfall von Vergünstigungen soll diese gegenfinanziert werden. Dadurch soll der Steuerausfall auf 1,5 Milliarden Euro begrenzt werden. Das ist das zentrale Ergebnis einer parteiinternen Arbeitsgruppe, die im Vorfeld der Bundestagswahl 2009 steuerpolitische Vorschläge erarbeitet hat.

„Anders als CDU und SPD drücken wir uns nicht um die Frage, wie kleine und mittlere Einkommen steuerlich entlastet werden können“, sagte Christine Scheel, Leiterin der Arbeitsgruppe und Vizevorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, am Donnerstag. „Aber anders als CSU und FDP wollen wir auch keine Löcher in die öffentlichen Haushalte reißen.“ Diese beiden Parteien hatten Steuerkonzepte vorgestellt, die deutliche Einnahmeausfälle zur Folge hätten.

Konkret wollen die Grünen den Grundfreibetrag – also den Teil des Einkommens, auf den keine Steuern gezahlt werden müssen – von derzeit 7.664 auf 8.500 Euro erhöhen. Zudem sollen statt bisher 900 künftig 2.000 Euro pauschal als Werbungskosten von der Steuer abgesetzt werden können. Durch diese beiden Maßnahmen würden dem Staat jährlich rund 6,5 Milliarden Euro an Einnahmen entgehen. Zur Gegenfinanzierung setzen die Grünen einerseits auf einen höheren Spitzensteuersatz: Von 42 soll er auf 45 Prozent steigen. Ab welchem Einkommen er künftig gelten soll, darauf konnte sich die Arbeitsgruppe nicht einigen. Im Gespräch sind Summen von 58.000 bis 70.000 Euro, sagte Scheel. Zudem sollen umweltschädliche Subventionen wie die volle Absetzbarkeit von Dienstwagen mit hohem CO2-Ausstoß reduziert werden. Langfristig sollen zudem Kinderfreibeträge und Ehegattensplitting abgeschafft und aufkommensneutral durch andere Modelle ersetzt werden.

Keine klare Haltung fand die Arbeitsgruppe zur Abgeltungsteuer auf Zinsgewinne. Strittig blieb auch die Forderung, Freibetrag und Spitzensteuersatz in fernerer Zukunft automatisch mit der Inflation zu verschieben. „Wir haben deutlich gemacht, dass das nicht unsere erste Priorität ist“, sagte Gerhard Schick, finanzpolitischer Sprecher der Fraktion, zur taz.

Ähnlich wie die SPD fordern die Grünen zudem niedrigere Sozialversicherungsbeiträge für Geringverdiener: Bei einem Bruttoeinkommen von 400 Euro im Monat sollten diese mit einem Satz von 20 Prozent starten und bis zu einem Betrag von 2.000 Euro linear auf 40 Prozent steigen. MALTE KREUTZFELDT

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