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Archiv-Artikel

dietrich austermann, polit-pensionär Das schwarze Lebenszeichen

Von EST

Wenn mal wieder Ödnis herrschte in der Kieler Koalition, war eines sicher: eine Wortmeldung von Wirtschafts- und Wissenschaftsminister Dietrich Austermann (CDU). Oft ging es um Themen, über die eigentlich nicht geredet werden musste, weil sie im schwarz-roten Koalitionsvertrag geregelt sind: die Einführung von Studiengebühren oder, gerade erst wieder, längere Laufzeiten für Atomkraftwerke. Beides lehnt die SPD ab, Austermann forderte es trotzdem immer mal wieder gern.

Auch sonst war der 66-Jährige, der gestern aus der Regierung schied, „häufig das einzige Lebenszeichen einer politisch leblosen Koalition“, wie die SSW-Politikerin Anke Spoorendonk sagte, der Einzige, der die „Koalition sichtbar gehalten hat“, wie Wolfgang Kubicki (FDP) meint. Als „würdigen Gegenspieler“ bezeichnete ihn auch SPD-Fraktions- und Landeschef Ralf Stegner gestern ein vermutlich letztes Mal.

Austermann stammt aus Berlin, arbeitete in der CDU-Fraktion in Hamburg, machte sich als Rechtsanwalt selbständig. 1974 wurde er Bürgermeister in Barsbüttel in Schleswig-Holstein, wechselte nach Brunsbüttel, wurde Stadtdirektor in Göttingen. Von 1982 bis 2002 saß der Haushaltsexperte im Bundestag – immer direkt gewählt. 2005 berief Peter Harry Carstensen den vierfachen Vater in die Kieler Landesregierung.

Dort machte Austermann immer wieder durch Alleingänge von sich reden und legte sich gern mit Kabinettskollegen an. Dabei ließ er stets durchblicken, dass er nicht an seinem Sessel klebte: Wiederholt machten Rücktrittsgerüchte die Runde. Erfolgreich indes setzte sich Austermann unter anderem für den Ausbau der Autobahn 20 und die Fehmarnbelt-Brücke ein.

Carstensen würdigte ihn zum Abschied als Freund und Weggefährten, der „ganz große Schuhe“ hinterlasse. Austermann nannte persönliche Gründe für den Rücktritt: Nach „34 Jahren Politik in vorderer Reihe“ sei nun „der geeignete Zeitpunkt gekommen“. Grünen-Fraktionschef Karl-Martin Hentschel hofft, „dass die Gerüchte um einen lukrativen Job bei der DB AG sich nicht bestätigen“ mögen. EST

Fotohinweis:DIETRICH AUSTERMANN, 66, zählt die Elektrifizierung wichtiger Bahnstrecken ausdrücklich zu seinen Erfolgen. FOTO: DPA