SPD streitet über Atomkraftwerke

Parteispitze kann sich längere Laufzeiten von AKW vorstellen. Kritik der Linkspartei

BERLIN dpa/taz ■ Angesichts des Drucks der Union wegen des Atomausstiegs setzt die SPD-Spitze verstärkt auf die Option, alte Kernkraftwerke früher abzuschalten und dafür neue länger laufen zu lassen. SPD-Fraktionschef Peter Struck schlug am Dienstag vor, moderne Atommeiler eventuell bis 2030 laufen zu lassen, falls veraltete abgeschaltet werden und im Grundgesetz ein Ausstieg „verbindlich“ festgelegt wird. SPD-Chef Kurt Beck sagte: „Wenn die Energieversorger jüngere Atomkraftwerke länger laufen lassen wollen, müssen ältere Meiler schneller vom Netz. Das steht so im Atomkonsens.“

Ohne eine Verlagerung von Reststrommengen von alten auf neue Kraftwerke sieht der unter Rot-Grün vereinbarte und von der großen Koalition vertraglich akzeptierte Atomausstieg bisher Laufzeiten bis 2021 vor. Beck sagte, längere Laufzeiten bedeuteten unter diesen Bedingungen keine Abkehr vom Atomausstieg. Diese Linie vertritt auch Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD).

Struck übernahm teilweise eine Idee des SPD-Vordenkers Erhard Eppler: Der hatte ein Bauverbot im Grundgesetz für neue Atomkraftwerke (AKW) und im Gegenzug längere Restlaufzeiten für bestehende Atommeiler angeregt. Struck schlug vor: „In der Verfassung schreiben wir auf: Wir steigen aus der Atomkraft aus.“ Er erwarte aber nicht, dass die Union dazu bereit sei.

Der Staatssekretär im Bundesumweltministerium, Michael Müller (SPD), warnte vor einer Verlängerung der AKW-Laufzeiten. Er teile Epplers Position nicht. „Wir wissen seit rund 30 Jahren Bescheid, dass diese Form der Energieversorgung keine Zukunft haben kann.“ Deshalb müsse der Druck zu mehr Effizienz und erneuerbarer Energie verstärkt werden.

„Die von Erhard Eppler, Sigmar Gabriel und anderen Sozialdemokraten vorgedachte Idee, AKW-Laufzeiten zu verlängern, ist unverantwortlich und vor allem zutiefst unsozial“, kritisierte Ulrich Maurer, parlamentarischer Geschäftsführer der Linksfraktion im Bundestag. Wenn die SPD in der Atomenergie-Diskussion die Wende von der Wende vollziehe, verliere sie den letzten Rest an Glaubwürdigkeit.