Die Mechanismen der Ausgrenzung

betr.: „Geschichten der Ausgrenzung“ von Dilek Zaptcioglu, taz vom 3. 7. 08, „Exoten mit Roben“ von Cigdem Akyol, taz zwei vom 4. 7. 08

Ich bin sehr froh über Dilek Zaptcioglus Beitrag. Es hat mich irritiert, dass bei der vorangehenden taz-Berichterstattung über die Vorgänge um Faruk Sen die kritische Frage fehlte, ob der Vergleich zwischen Türken und Juden als Vergehen zu ahnden sei – oder nicht lediglich einer Klarstellung bedürfe. Frau Zaptcioglu weist zu Recht darauf hin, dass die Geschichte der Juden in Deutschland sehr viel mehr umfasst als den Holocaust. Juden und Zigeuner galten in Europa über Jahrhunderte als die Personifizierung des Fremden. Es muss erlaubt sein, solche Tatsachen zum Vergleich heranzuziehen – und die mir bekannten Stellen aus Faruk Sens fraglichem Text klingen so, als habe er dies durchaus mit einiger Vorsicht getan –, ohne dass allein diese Bezugnahme als Beleg feindseliger Absichten gilt.

Die Ausgrenzung zum Beispiel der Juden geht übrigens in sprachlicher Hinsicht unbekümmert weiter. Auch in der taz lese ich immer wieder von „Deutschen und Juden“, als ob dies sich ausschließende Kategorien wären.

Protestieren möchte ich ganz eindeutig gegen Sprache und Subtext in Cigdem Akyols heutigem Beitrag. Den Ausdruck „indischer Migrationshintergrund“ hätte ich kommentarlos als übliche links-soziologische Sprachverhunzung verbucht – würde nicht später im Text klar werden, weshalb die Autorin solche Pirouetten dreht: „Indische Herkunft“ kommt ihr ohne weitere Erläuterung wohl selber nicht ganz richtig vor, schließlich ist Uttam Das selbst offenbar in Deutschland geboren und aufgewachsen, nur sein Vater stammt aus Indien. Der in Esslingen am Neckar geborene Ünal Yalcin bezeichnet sich als „kurdischer Schwabe“, und Recht hat er damit. Warum aber spricht Akyol dann von beiden als „Migranten“, was ja so viel heißt wie Einwanderer? Eingewandert sind ihre Eltern, nicht sie.

In solchen Beispielen zeigt sich einer der Mechanismen der Ausgrenzung, durch die zum Beispiel die Nachfahren jüdischer Einwanderer auch nach Jahrhunderten noch in erster Linie als „Juden“ galten statt als (jüdische) Deutsche. PHILIPP P. THAPA, Greifswald