Heuschrecke grast ab

Der „Morgenpost“ droht die größte Entlassungswelle seit 25 Jahren. Beschäftigte kündigen Widerstand an

Das Ziel ist klar: Bis Ende des Jahres will die BV Deutsche Zeitungsholding des britischen Medienmoguls David Montgomery die Belegschaft der Hamburger Morgenpost (Mopo) drastisch reduzieren: von heute rund 105 Vollzeitstellen auf dann 85. Geplant ist, dass alle überregionalen Themenseiten der Mopo, etwa die Politik- oder die Sportseiten, zukünftig in Berlin produziert werden, wo die Berliner Zeitung, der Berliner Kurier und das Stadtmagazin Tip zum Zeitungsimperium gehören. Die „Redaktionen miteinander verzahnen“ nennt das Montgomery.

Darüber hinaus soll bei der Mopo im Archiv, der Korrektur und der Verwaltung kräftig gespart werden. Gegen diesen „größten Personalabbau in den letzten 25 Jahren“, so Mopo-Betriebsrat Holger Artus, protestierten gestern die Mitarbeiter vor dem Verlagsgebäude in der Griegstraße. Weitere Protestaktionen sollen folgen.

Die Sparpläne, die am Donnerstag auch Gegenstand einer Gesellschafterversammlung in Berlin waren, sind nur Teil eines umfangreicheren Sanierungskonzepts, mit dem der Zeitungskonzern 180 bis 190 der 930 Stellen in der Bundeshauptstadt und Hamburg wegrationalisieren will. Seit die Mopo 2006 von Montgomerys Zeitungsholding übernommen wurde, hat sie bereits mehrere Entlassungswellen hinter sich gebracht. Doch diese „ergebnissichernden Maßnahmen“ seien nur das Vorspiel, klagt ein Mopo-Redakteur: „Jetzt wird es richtig ernst“. Zwar schreibt das Boulevard-Blatt kräftige schwarze Zahlen, doch die sind Montgomery offenbar noch nicht fett genug. Die Rendite soll von heute rund 15 auf jährlich 20 Prozent steigen – mindestens.

Zudem gibt es auch beim Thema Internetpräsenz einen radikalen Kursschwenk: Hieß es bis vor kurzem noch aus der Konzernzentrale, in den Auftritt der Mopo im World Wide Web werde kräftig investiert, hat dieses Ziel nun keine „Priorität“ mehr.

Betriebsrat Artus kündigte an, die Beschäftigten in Berlin und Hamburg würden sich gemeinsam ihrer Haut wehren. Montgomery richte „seine Medien zugrunde“, kritisierte der Deutsche Journalisten-Verband (DJV). Der SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Uwe Grund forderte den neuen Medienkoordinator den Senats, Karl Dietrich Seikel, dazu auf, sich einzuschalten, um „weitere Personalreduzierungen, die sich negativ auf die Blattqualität auswirken“, zu verhindern. MARCO CARINI