Roger sucht das Rampenlicht

Hamburgs Ex-Senator und Sterbehilfe-Aktivist Roger Kusch nutzt seinen Auftritt bei „Hart aber fair“, um Bischöfin Margot Käßmann zu beleidigen. Der Austausch von Argumenten dagegen fiel aus

AUS DEM FERNSEHSESSEL DANIEL WIESE

45 lange Minuten sagte Roger Kusch fast gar nichts. Der Mann, der die derzeitige Debatte um die Sterbehilfe überhaupt erst losgetreten hatte, starrte bei Plasbergs Talkshow „Hart aber fair“ am Mittwochabend regungslos in die Kamera. Einmal sagte er „ja“, einmal verteilte er einen kleinen Seitenhieb gegen die ebenfalls anwesende Bischöfin der Landeskirche Hannover, Margot Käßmann: Die wolle „ihre privaten Reflexionen der Gesellschaft überstülpen“, befand Kusch. Um dann wieder in seine Starre zu verfallen.

Warum, wurde exakt nach 45 Minuten klar: Da nämlich zeigte Moderator Frank Plasberg endlich die Bilder jener Pressekonferenz, mit der Kusch sich vor knapp zwei Wochen in die Schlagzeilen katapultiert hatte. Man sah Kusch zusammen mit jener Frau, die sterben wollte, weil sie Angst vor dem Plfegeheim hatte, und deren Sterben Kusch mit der Kamera begleitet hatte. „Es wühlt die Menschen auf“, sagte Plasberg, „was Roger Kusch getan hat.“

Mit einem Schlag wirkte Hamburgs Ex-Justizsenator, jetzt Vorsitzender des Vereins „Dr. Roger Kusch Sterbehilfe e. V.“, vollkommen verwandelt. Er ließ eine kleine Kunstpause eintreten, dann überzog ein Lächeln sein Gesicht, und Kusch fragte, ob er auf die Frage nicht direkt antworten dürfe. Welche Frage? Was die Frau, deren Sterben er begleitet hatte, hätte sagen müssen, damit er es nicht getan hätte. Der ansonsten für seine harten Bandagen bekannte Plasberg war so verblüfft, dass er zustimmte. Kusch sagte, schrecklich für die Frau, deren Sterben er begleitet hatte, sei die Vorstellung gewesen, sie liege im Bett, im Fernsehen trete Frau Käßmann auf und sie könne nicht umschalten.

Er habe mit der Dame öfter über „Gutmenschen“ gesprochen, „die anderen ihren Willen aufdrängen wollen“, sagte Kusch, und nein, das sei keine Beleidigung. Bischöfin Margot Käßmann, die auf der entgegengesetzten Seite des Podiums saß, registrierte einen „persönlichen Angriff“ – das war es dann von ihrer Seite. Sie habe schon viele Sterbende besucht, sagte Käßmann, das Problem sei, dass es nicht genug Hospize gebe. Dass Menschen so verzweifelt seien, dass sie an Sterbehilfe dächten, mache sie „traurig“.

Die besten Argumente gegen Kuschs Plädyoer für das selbstbestimmte Sterben brachte Bayerns CSU-Justizministerin Beate Merk. Der Wille, gab sie zu bedenken, sei vielleicht nicht immer so frei: Es könnten Ängste im Hintergrund sein, Krankheiten, „psychische Erregungszustände“.

Doch da war Kusch noch gar nicht aus seiner Starre erwacht und so sagte er auch nichts, als ihn seine ehemalige Amtskollegin Merk als „Quacksalber des Todes“ bezeichnete. Die Debatte fiel diesmal aus. Mangels Beteiligung.