Ein Lichtblick im Dunkeln

betr.: „Wie schützen wir uns vor Korruption, Herr Homann?“, taz vom 7. 7. 08

Will man über die normativen Grundlagen und die damit verbundene Legitimation der Marktwirtschaft diskutieren, so muss man alle Beteiligten mit einbeziehen, in der heutigen Welt bedeutet dies zumeist, über die eigenen Grenzen hinaus-schauen zu können.

Daraus folgt zweierlei: Eine Untersuchung, welche normativen Forderungen in der Welt an die Marktwirtschaft gestellt werden, erscheint schwierig (1.) und ein Handlungsschema aus diesen unwahrscheinlich heterogenen Wertevorstellungen auszumachen wird unmöglich. Es gibt aber noch die Möglichkeit, über Ethik zu diskutieren, ohne wirklich alle teilnehmen zu lassen (entgegen dem Konzept der Diskursethik, aber es erscheint schwer, hier alle Beteiligten an der Diskussion teilnehmen zu lassen). Man muss eben nur versuchen ihren Standpunkt in der Diskussion zu berücksichtigen, durch Vertreter ihres Standpunktes (Prinzip Demokratie?) oder reflexionsfähige Diskussionsteilnehmer. Fragen Sie doch mal einen indischen Stofffärber, der wahrscheinlich Ihr T-Shirt gefärbt hat, was er zu sozialer (?) Marktwirtschaft in und aus (?) Deutschland sagt. Das klingt polemisch, bringt die Sache aber auf den Punkt.

Zu Adam Smith möchte noch gesagt sein, dass er vor seinem vieldiskutierten Konzept der Marktwirtschaft ein ethisches Fundament gesehen haben möchte, er macht dies in einem eigens dafür geschriebenen Buch deutlich. Dass nur natürliche Personen ein Gewissen haben, erscheint plausibel, doch dass sie es auch wirklich benutzen oder benutzen können, kann nicht unbedingt behauptet werden. Ich behaupte, dass viele Menschen ein pervertiertes Verhältnis zu ihrem Gewissen haben, v. a. in den Bereichen unserer Gesellschaft, wo wohlklingende Ethik-Richtlinien verfasst werden, um damit das Gewissen dann als „abgehakt“ anzusehen. Es gibt Unternehmen und Verbände, die ihre Ethik-Richtlinien ernst nehmen und erkannt haben, dass diese mit ins Zentrum eines Unternehmens oder Wirtschaftssystems gehören, Gottlob! Ein Lichtblick im Dunkeln.

WOLF SINGLE, Nürtingen

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