american pie
: Der Geizhals der Liga

Trotz Neuzugang Baron Davis werden die Los Angeles Clippers ihr Image als notorische NBA-Verlierer einfach nicht los

Baron Davis wusste nicht so recht, was er nun sagen sollte an diesem Julitag. Der 29-Jährige, bis dato bei den Golden State Warriors unter Vertrag, stand da auf der Pressekonferenz seines neuen Teams, den Los Angeles Clippers, und grinste wie ein Honigkuchenpferd, obwohl er – außer seines neuen Vertrages – nicht wirklich Anlass zum Jubeln hatte. Denn der eigentliche Grund, weshalb der mit den Warriors nicht unerfolgreiche Davis nach L. A. wechselte, war weg.

Power Forward Elton Brand, Aushängeschild des Teams und Freund von Davis, hatte seinerseits am Tag zuvor einen Vertrag bei den Philadelphia 76ers unterzeichnet. Und Davis, der von seinem Kumpel zum Wechsel überredet wurde, stand plötzlich allein da. „Ich sollte besser nicht wiederholen, was ich zu ihm gesagt habe“, lachte Davis ob seiner Reaktion auf Brands unerwartete Entscheidung. „Aber ich bin keineswegs enttäuscht. Ich habe hier einen Vertrag“, bestand der Aufbauspieler auf einer eher gelassenen Gefühlslage.

Dass bei Brands Entscheidung gegen die Clippers möglicherweise doch eine Rolle spielte, dass Philadelphia ihm knapp 20 Millionen Dollar mehr geboten hatte für einen Fünf-Jahres-Vertrag, erinnert ebenso an die guten alten Clippers-Zeiten wie die Tatsache, dass auch der zweite Clippers-Star, Corey Maggette, seine Koffer packte und ausgerechnet zu Davis’ Ex-Klub Golden State wechselte. Denn Teambesitzer Donald Sterling, dem die Clippers seit 1981 gehören, war lange als größter Geizkragen der NBA verschrien. Bis vor knapp fünf Jahren weigerte sich der heute 72-Jährige beharrlich, in das Team zu investieren und mit hohen Gehältern Stars anzulocken. Erst, als es daran ging, Talente zu halten und eben Brand zu holen, öffnete sich Sterlings Geldbörse.

Bezeichnend, dass seit Amtsantritt des Anwalts und oft wegen eigenwilliger Mietpolitik verklagten Immobilienhais die Mannschaft nur zweimal mehr Saisonsiege als Niederlagen zu verzeichnen hatte. Das Image der notorischen Losers haftet an den Clippers. Talkmaster Jay Leno spottete einst: „Die Spieler dürfen ja außerhalb des Platzes nichts tragen, was dem Ansehen der Liga schaden könnte – also auch kein Clippers-Trikot.“

Nun also beginnt in knapp dreieinhalb Monaten die neue NBA-Saison und die Clippers werden wohl kaum das Ziel, die Playoffs nämlich, erreichen, was sie sich eigentlich mit Davis und Brand vorgenommen hatten. Doch im Wechselwirrwar scheint Sterling seinen Investitionssinn wiedergefunden zu haben und bemüht sich dringend um Ersatz für Brand. Aussichtsreichster Kandidat ist Emeka Okafor von den Charlotte Bobcats. Und für den Fall der Fälle, wenn nicht noch ein Star gefunden wird, redet sich Coach Mike Dunleavy die Situation schon mal schön: „Es ist am schwersten, gute Point Guards und Center zu finden. Wenn man sich umschaut, sind die besten Teams die mit guten Point Guards.“ DAVID DIGILI