WAS MACHT EIGENTLICH ... Gregor Mendel?
: Sich wundern

Wie war das noch damals im Bio-Unterricht? Ist ein vererbtes Merkmal dominant und das andere rezessiv, setzt sich bei einer Kreuzung zweier Individuen mit reinen unterschiedlichen Merkmalen das dominante durch. Die mendelschen Erbregeln funktionieren mit roten und weißen Erbsenblüten, mit lang-und kurzhaarigen Kaninchen und mit dunkler und heller Hautfarbe beim Menschen. Wer sich noch an stundenlange Kreuz-Rechnungen erinnert, an deren Ende stets fein säuberlich viele rote und ein paar rosa Erbsen standen, kann sich über das, was in Lichtenberg geschehen ist, nur die Augen reiben.

Am 11. Juli brachte eine Frau aus Ghana dort Zwillinge zur Welt. Eins war hell, eins dunkel. Von wegen rosa Erbsen oder milchkaffeefarbener Teint. Leo ist dunkel wie die Mutter, Ryan hell wie sein Potsdamer Vater. Auch für die Oberärztin des Kreißsaals muss der Anblick ein Erlebnis gewesen sein. In fast 20 Dienstjahren, so die fassungslose Frau, habe sie so einen Fall noch nicht erlebt. Kein Wunder, denn statistisch beträgt die Wahrscheinlichkeit eines weißen und eines schwarzen Zwillings imposante eins zu einer Million.

Die zweieiigen Brüder, die jetzt schon als genetische Sensation gelten, werden vermutlich ihr Leben lang immer und immer wieder ihr Verwandtschaftsverhältnis erklären müssen. Und Haribo steht bestimmt mit einem Werbevertrag für „Colorado“ bereit. Im Biounterricht können sich Leo und Ryan dafür einmal entspannt zurücklehnen. Rosa Erbsen und milchkaffeebraune Babys, schon klar! Aber Mendel konnte ja nicht alles wissen: Als er seine Vererbungsregeln an Erbsenpflanzen im Klostergarten testete, war die Existenz der menschlichen Chromosomen noch nicht bekannt. Seitdem ist irgendwie alles komplizierter geworden. Aber auch abwechslungsreicher. API FOTO: KHL-BERLIN