Kirchentreffen im Zeichen der Spaltung

Seit Mittwoch tagt die Lambeth-Konferenz der Anglikaner – ohne die Konservativen. Für Streit sorgt ein schwuler Bischof, der nicht eingeladen, aber angereist ist. Auch der Erzbischof von Canterbury scheint die Krise nicht abwenden zu können

AUS DUBLIN RALF SOTSCHECK

Eigentlich könnte es ein harmonisches Treffen werden. Die konservativen Kritiker sind der Lambeth-Konferenz der anglikanischen Kirche, die alle zehn Jahre stattfindet und gestern Abend begann, ferngeblieben. Und auch der Grund für ihren Unmut, der homosexuelle US-Bischof Gene Robinson, ist nicht anwesend. Es ist die 13. Konferenz in der Geschichte. Die erste fand 1867 im Lambeth-Palast statt, der Londoner Residenz des Erzbischofs von Canterbury. Heutzutage trifft man sich in der Universität von Canterbury.

Die 800 Bischöfe aus 38 unabhängigen Landeskirchen, die 70 Millionen Gläubige vertreten, könnten sich also drei Wochen dem Bibelstudium und dem Gebet widmen, wie es die Tagesordnung vorsieht. Debatten, Abstimmungen oder Resolutionen stehen nicht an. Nur in Randveranstaltungen werden Themen wie der Umgang mit der Presse und der Sexualität behandelt.

Dennoch liegt über der Konferenz eine nervöse Spannung. Gene Robinson nimmt zwar nicht offiziell teil, aber angereist ist er dennoch. Am Montag hielt er einen Gottesdienst ab, dabei kam es zu einem Zwischenfall. Ein Besucher sprang während der Predigt auf und verlangte von Robinson, zu bereuen, denn Homosexualität stehe mit Pädophilie, Sodomie, Ehebruch und Kindesopfern auf einer Stufe.

Robinson ist so etwas gewöhnt. Er ist nicht zum Bischof von New Hampshire ernannt worden, wie es in der Church of England üblich ist, sondern er ist von seiner Gemeinde gewählt worden. Bei zu seiner Weihe 2003 musste er, ebenso wie sein Partner Mark Andrew, eine kugelsichere Weste tragen. Vor der Kirche demonstrierten Menschen mit Plakaten, auf denen stand: „Gott hasst Schwuchteln.“

Dabei ist er nicht der einzige schwule Bischof, es gibt mindestens vier weitere unter den Anglikanern. Aber Robinson ist der einzige, der es zugibt. Und er ist der einzige, der von Rowan Williams, dem Erzbischof von Canterbury, nicht zur Lambeth-Konferenz eingeladen worden ist.

Williams hat einmal geäußert, dass treue homosexuelle Partnerschaften lebensbereichernder und liebevoller sein können als verletzende heterosexuelle Partnerschaften, doch inzwischen sagt er gar nichts mehr zu dem Thema. Als er vor sechs Jahren zum 104. Erzbischof von Canterbury ernannt wurde, erwartete man sich von ihm frischen Wind nach Jahrzehnten des Niedergangs. Williams ist ein hochintelligenter Theologe und ein begabter Redner. Ihm traute man es zu, den Niedergang der anglikanischen Kirche abzuwenden.

Inzwischen zweifelt man, ob er mit der Krise der Spaltung fertig werden kann. Und um eine Spaltung handelt es sich, auch wenn das niemand sagt. Auf ihrer „Global Anglican Future Conference“ in Jerusalem haben sich 1.200 Anglikaner, darunter fast 300 Bischöfe, die meisten aus Afrika, vorigen Monat von ihrer Mutterkirche getrennt. Sie sind jetzt auch nicht nach Canterbury gekommen. Neben dem homosexuellen Bischof störte sie vor allem der Beschluss, künftig weibliche Bischöfe zuzulassen.

Aber auch liberale Anglikaner kritisieren Williams, weil er Jeffrey John, den zölibatären schwulen Bischof von Reading, auf Druck konservativer Kreise zum Rücktritt zwang. Williams wirkt hilflos im Kampf um die Richtung der anglikanischen Kirche. Philip Jensen, der Dekan von Sydney, nannte ihn eine „theologische Prostituierte“.