Ausländer mit Studium heftig erwünscht

Kabinett senkt Bruttoverdienstgrenze für qualifizierte Einwanderer. Gering Qualifizierte sollen draußen bleiben

BERLIN taz ■ Lediglich zwanzig Minuten benötigten Arbeitsminister Olaf Scholz (SPD) und sein Kabinettskollege Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU), um in betonter Eintracht ihren Maßnahmenkatalog vorzustellen, mit dem künftig ausländische Fachkräfte nach Deutschland gelockt werden sollen.

Wichtigste Punkte in dem am Mittwoch beschlossenen Programm sind die freie Zuwanderung für Akademiker aus den neuen EU-Staaten, ein Arbeitskräftebedarfsindex sowie die Senkung der Einkommensgrenze für Hochqualifizierte um 22.800 Euro auf 63.600 Euro Jahresbrutto.

Für einen akademisch ausgebildeten Ausländer sei es künftig sehr leicht, nach Deutschland zu kommen, betonte Scholz. Bei Bewerbern aus Drittstaaten werde lediglich geprüft, ob die zu vergebende Stelle nicht mit einem Inländer besetzt werden kann. „Prinzipiell möchte wir aus der ganzen Welt diejenigen mit geeigneter Qualifikation.“ Schäuble verwies auf die Umsetzung der Beschlüsse von der Meseberger Kabinettsklausur. „Wir öffnen damit in behutsamer Weise unser Aufenthaltsrecht.“

Doch ob diese Maßnahmen wirklich zu einem Ansturm ausländischer Fachkräfte führen werden, muss angesichts jüngerer Zahlen bezweifelt werden. Laut Schäuble kamen 456 hoch qualifizierte Ausländer 2006 nach Deutschland, 2007 waren es lediglich 10 mehr. Für die Grünen bleibt Deutschland trotz der neuen Maßnahmen unattraktiv für ausländische Fachkräfte. Sie fordern ein Punktesystem. Ähnlich die Kritik der Wirtschaftsverbände. Der DIHK fordert, den Arbeitsmarkt weiter zu öffnen, um so den Fachkräftemangel zu decken. Sowohl Scholz als auch Schäuble lehnten jedoch ein Punktesystem ab und zeigten sich überzeugt von den neuen, niedrigeren Hürden.

Definitiv hoch bleiben diese für gering Qualifizierte, die nach Deutschland kommen möchten. Hier will die Regierung das heimische Potenzial nutzen. Die Wirtschaft müsse sich Mühe geben, schnell und zügig genügend auszubilden, meinte Scholz. „Bei Lehrberufen gibt es keinen Fachkräftemangel.“ Auch dies sieht die Wirtschaft wiederum anders. Der Generalsekretär des Deutschen Handwerks, Hanns-Eberhard Schleyer, fordert, gerade im Osten auf junge Bewerber aus Polen und Tschechien zurückzugreifen. Diese Ansicht bestätigt eine aktuelle Studie der Otto-Brenner-Stiftung, in der vor einer Knappheit der Fachkräfte in Ostdeutschland gewarnt wird.

SEBASTIAN KEMNITZER