Einheitsfront im Krankenhaus

Seltene Eintracht: Krankenhausgesellschaft, Standesverbände und Gewerkschaften gründen ein Aktionsbündnis, um den Kollaps der Hamburger Kliniken abzuwenden. Diese wollen die eigene „Qualitätsführerschaft“ behalten

Lange saßen sie als Kontrahenten an verschiedenen Tischen. Doch um der „dramatischen Situation an Hamburger Krankenhäusern“ zu begegnen, haben sich die Hamburger Krankenhausgesellschaft (HKG), die Ärztekammer, der Pflegerat und die Krankenhausdirektoren sowie die Ärztegewerkschaft Marburger Bund und die Gewerkschaft Ver.di zu einem bisher einzigartigen Schulterschluss durchgerungen: Unter dem Motto „Qualität statt Spardiät“ gründeten die versammelten Akteure des Klinikwesens das Aktionsbündnis „Rettung der Krankenhäuser“.

„Die Krankenhausfinanzierung muss auf feste Füße gestellt werden“, erklärte am Donnerstag HKG-Chef Fokko ter Haseborg. Seit 15 Jahren würden die Kliniken durch Budgetierungen in eine finanzielle Notlage getrieben. Die geplante Subventionierung der Krankenversicherungen von 0,5 Prozent durch die Kliniken sei ein Unding. „Die Schmerzgrenze“, sagte ter Haseborg, „ist überschritten.“ Dabei seien die Hamburger Kliniken eigentlich überregional für ihre Spitzenmedizin bekannt und hätten gar die „Qualitätsführerschaft“ eingenommen.

Um dieses Niveau zu halten, bedürfe es nicht nur innovativer Investitionen, sondern auch qualifizierten und zufriedenen Personals, fügte Ver.di-Landeschef Wolfgang Rose hinzu. Jedoch sei die Situation in vielen Kliniken „zugespitzt“, so Rose. Bei gleich gebliebenen Patientenzahlen sei das Personal „dramatisch“ reduziert worden, um Tariferhöhungen auszugleichen. Die verbliebenen Beschäftigten würden von ihrer Arbeit krank: „Menschliches Leid endet nicht an der Pforte“, sagte Rose, „sondern wird mit nach Hause genommen.“ Die Kliniken müssten in die Lage versetzt werden, ihr Personal angemessen zu bezahlen, „sonst rennen ihnen die Beschäftigten davon“, so Rose: „Irgendwann explodiert der Topf, wenn der Deckel drauf bleibt.“

„Wenn jetzt nicht endlich die Patientenversorgung zum Maßstab der Dinge gemacht wird, bluten die Krankenhäuser aus“, warnte auch Ärztekammer-Präsident Frank-Ulrich Montgomery. Den Klinken stehe „das Wasser bis zum Hals“, mit den „politischen Schaukämpfen“ müsse nun Schluss sein, schimpfte er: „Wir brauchen keine Lippenbekenntnisse, sondern Lösungen.“

„Wir sitzen zwar nicht immer am gleichen Tisch, aber auf derselben Seite“, sagte Montgomery mit Blick auf die neue Einheitsfront und rief zur Großdemo am 25. September in Berlin auf. Für die Forderungen der gestern Versammelten bekundete gestern auch Gesundheitssenator Dietrich Wersich (CDU) in einer Pressemitteilung „vollstes Verständnis“. KAI VON APPEN