„Gift ist Gift“

Morgen wollen Imker aus ganz Deutschland in Braunschweig demonstrieren. Sie protestieren gegen die erneute Zulassung des Pestizids Clothianidin. Daran waren im Mai Zehntausende Bienenvölker gestorben

taz: Herr Schedler, warum gehen Sie auf die Straße?

In erster Linie, weil das Beizmittel Clothianidin wieder zugelassen wurde …

damit werden zum Beispiel Mais-Samen behandelt, das Clothianidin verbreitet sich dann bei der Aussaat.

Genau. In Baden-Württemberg hat das zu erheblichen Bienenschäden geführt. Etwa 12.000 Bienenvölker sind dort vergiftet worden. Daraufhin wurde dem Mittel die Zulassung entzogen, allerdings nur, um es nach knapp vier Wochen wieder zuzulassen. Jetzt stehen wir vier Wochen vor Raps-Aussaat, und für Raps ist dieses Mittel zugelassen.

Wie erklären Sie sich, dass dieses Mittel wieder zugelassen wurde?

Das kann ich mir nicht erklären. Dafür ist ja das Bundesamt für Verbraucherschutz zuständig. Das kann nur von der Industrie vorangetrieben worden sein. Ich weiß nur, dass in der Sache gestern eine Zusammenkunft zwischen Vertretern des Bundesamtes für Verbraucherschutz und dem Leiter des Instituts für Bienenkunde in Celle stattgefunden hat. Über das Ergebnis des Gesprächs sind wir noch nicht informiert worden.

Macht es für Bienen einen Unterschied, ob die Pflanzen mit Insektiziden besprüht werden oder ob Saatgut mit Beize behandelt wird?

Gift ist Gift. Die Biene stirbt von diesem aufgespritzten Gift genauso schnell wie durch vergifteten Staub. Wichtig ist, dass die Vorschriften beachtet werden. Bei den Spritzmitteln ist genau geregelt, wann sie verwendet werden dürfen. Entweder dürfen sie nur vor dem Bienenflug ausgebracht werden oder danach. Also ganz früh morgens oder ganz spät abends.

Was sagen Sie zu dem Argument, dass der konsequente Verzicht auf Pestizide nicht zu praktizieren ist, da die Weltbevölkerung wächst und wir gezwungenermaßen intensive Landwirtschaft betreiben müssen? Das sagen die Bienenforscher aus Celle.

Ich bin nicht generell gegen die Verwendung von Pestiziden. Ich bin nur dafür, dass Pestizide überlegt verwendet werden. Unsere Bienen sind Bio-Indikatoren, sie zeigen an, wenn etwas mit der Gesundheit der Umwelt nicht stimmt. Das sollte ernst genommen werden.

INTERVIEW: KATRIN KESSLER

Fotohinweis:WILLI SCHEDLER, 57, Werkzeughärter, Vorsitzender des Kreis-Imkervereins Wolfsburg.