urdrüs wahre kolumne
: Das Schwein im Humanen

Längst nennen die Continental-Arbeiter sie die böse Hexe aus Herzogenaurach, die fränkische Multimillionärin Maria Elisabeth Schaeffler, die derzeit mit ihrem verbissen lächelnden Söhnchen die feindliche Übernahme des hannöverschen Autozulieferers vorbereitet – und damit einmal mehr deutlich macht, dass Kapitalismus steter Appell ist an das Schwein im Humanen. Warum bündeln solche Individuen so viel Hass gutmütigster Menschenkinder auf sich?

Der Mensch soll dem heiligen Petrus und auch der fleißigen Frau Holle nicht dergestalt ins Handwerk pfuschen, dass es in Mai oder Oktober irgendwo in Norddeutschland in künstlichen Hügellandschaften heißt: „Ski und Rodel gut“. Nachdem das künstliche Wintersport-Areal in der Lüneburger Heide noch vor sich hin vegetiert, soll das Pendant im Mecklenburgischen jetzt an irgendwelche fliegenden Holländer verkauft werden. Wann wird man endlich einsehen, dass solche Lustbarkeiten wider Raum und Zeit schlicht nicht vorgesehen sind?

Die zweibeinigen Ratten-Darsteller des Hamelner Heimat-Musicals „Rats“ versuchen neuerdings nach schlechter Kaffeefahrtensitte, das Publikum mit allerhand Verheißungen in das Innere des neuen Einkaufszentrums der marodierenden Räuberbande ECE zu locken: Ob in Braunschweig, Oldenburg oder anderswo – überall sind diese Pfeffersäcke Vorreiter gnadenloser Öffnungszeiten und vernichtender Offensiven gegen den herkömmlichen Handel. Dass es immer wieder Kundschaft für sowas gibt, käut auch nur wieder, was seit Jahrhunderten über den Aborten dampft: „Millionen Fliegen können nicht irren!“

Immer mehr Stadien und Veranstaltungszentren werden nach Sponsoren benannt – auch wenn man feststellen kann, dass sich das Volk immer noch dagegen wehrt, die alte Bremer Stadthalle als AWD-Dome zu bezeichnen und auch das „Niedersachsenstadion“ in Hannover immer noch im Schwange ist. Umso bemerkenswerter, dass sich in Braunschweig gleich fünf Unternehmen gefunden haben, die dafür zahlen, dass der Eintracht Stadion weiterhin Eintracht-Stadion heißen soll – dabei sollte doch gerade hier seinerzeit eine ganze Mannschaft als FC Jägermeister auflaufen.

Wer sich als Mutter oder Vater Gedanken darüber macht, dass Sohnemann oder Frollein Tochter sich dereinst in die Niederungen der Parteipolitik begeben könnte, dem wurden jetzt vom ARD-Magazin „Panorama“ reichlich Argumente an die Hand gegeben – in Gestalt von Hamburgs Ex-Senator Ronald B. Schill, der nach dem Ende seiner Karriere in den vermeintlichen Rotlicht-Slums von Rio de Janeiro hausen muss. Dazu immer wieder die Angst vor Moskitos und den Gästen aus der alten Heimat, die sich mit Richter Gnadenlos a. D. vor heruntergekommenen Discountbordellen ablichten lassen.

Umso schöner kann es heute bei der Straßenparade des Schlagers in Hannover werden mit Michael Holm, Jürgen Drews und anderen HeldInnen des Playbacks: Tränen lügen nicht, weiß ULRICH „Dieter Thomas“
REINEKING

ULRICH REINEKING, Journalist, Kabarettist und Freund gepflegten Bummelns, möchte von Musical-Personal verschont bleiben.