Ein schlaffer Trainer mit motivierten Spielen

Nicht mehr als bloßer Klassenerhalt am vorletzten Spieltag heißt das erklärte Ziel des VfL Osnabrück. Der neue Stürmer Marvin Braun aber will deutlich mehr und freut sich schon auf den Saisonauftakt bei seinem alten Verein St. Pauli

Der Verein übt sich in Bescheidenheit: Obwohl der VfL Osnabrück eine neue Haupttribüne erhält und damit aus der ehemaligen Bremer Brücke endlich eine echte Arena wird und außerdem mit Torwart Stefan Wessels einen Neuzugang mit internationaler Erfahrung verpflichten konnte, bleibt das Ziel von Trainer Claus-Dieter „Pele“ Wollitz der Klassenerhalt. Und zwar bitte nicht wieder am allerletzten Spieltag, sondern gern ein bisschen früher.

Deshalb hat der Coach die Mission 33 ausgerufen und will damit spätestens am vorletzten Spieltag zu Hause gegen Rot-Weiß Ahlen den Ligaverbleib erreichen. „Ich habe auch nichts dagegen, am Ende auf einem besseren Tabellenplatz zu stehen als in der letzten Saison“, meint Wollitz. „Aber ich halte das für unrealistisch.“ Schließlich habe man auch in diesem Jahr wieder Spieler geholt, die sich erst noch weiterentwickeln müssten. Damit sind besonders diejenigen gemeint, die jüngst mit ihren Vereinen aus der zweiten Liga abgestiegen sind.

Da sind zum Beispiel die Auer Neuzugänge Rene Trehkopf, Tom Geißler und Fiete Sykora. „Es wird entscheidend sein, ihnen den Stil, den sie bei den anderen Vereinen praktiziert haben, abzugewöhnen“, sagt ihr neuer Trainer. Sie sollen lockerer werden und mehr Selbstvertrauen beim Spiel bekommen – und lernen, dass sie beim Training Witze machen und lachen dürfen. „Sie waren in ein System reingedrückt, das sehr schematisch war – das ist nicht mein Spiel“, sagt Wollitz.

Man könne bei diesen Spielern allerdings nicht einfach den Schalter umlegen, sagt er. Das werde seine Zeit brauchen, bei der die Hilfe des gesamten Teams gefragt sei. Die wird wohl auch der vorletzte Neuzugang brauchen: Darlington Omodiagbe komplettiert das Quartett der Abstiegserfahrenen. Der Nigerianer hat bereits sowohl mit Unterhachingen als auch in der letzten Saison mit Jena die zweithöchste Spielklasse verlassen müssen. Aber er trifft in Osnabrück mit Paul Thomik und Nico Frommer auf alte, erfolgreichere Weggenossen.

Der Heranführung ans neue Team bedürfen mit Sicherheit auch die jungen Spieler: Mit gleich drei Leihgaben aus Leverkusen geht der VfL in die kommende Spielzeit. Während Assimiou Touré aufgrund eines Beinbruchs fast die komplette Saison seines ersten Jahres beim VfL verpasste, kommt mit Anderson Soares de Oliveira ein weiterer 20-jähriger Abwehrspieler vom Rhein an die Hase.

Aber wenn der Brasilianer für ähnlich viel Furore sorgt wie der schon seit 2007 beim VfL spielende Vereinskollege Pierre de Wit, könnte sich dieses Arrangement als Glücksfall erweisen. Denn der kleine, wuselige Spielmacher fiel zwar ein halbes Jahr aus. Aber er konnte sich mit seiner Unbekümmertheit und seinen intelligenten und perfekt getimten Pässen schnell zum Publikumsliebling mausern. Auch in dieser Saison wird wieder viel davon abhängen, wie schnell sich de Wit von einer erneuten Verletzung erholen wird.

Die Spieler des VfL zeigen indes deutlich mehr Kampfgeist als Pele Wollitz. Der von St. Pauli hergewechselte Marvin Braun etwa ist davon überzeugt, mit dieser Mannschaft im Mittelfeld der Liga mitstreiten zu können. Auf ihn wartet aber am ersten Spieltag gleich eine Herausforderung, wenn er gegen seinen alten Verein antreten muss. „Für mich ist das super, weil ich den dann gleich mal zeigen kann, dass es ein Fehler war, mich abzugeben“, sagt er. Für den Stürmer war allerdings nach ersten Gesprächen mit Wollitz schnell klar, dass er zum Ligarivalen wechseln würde. „Er hat mir genau das gesagt, was ich hören wollte“, fasst Braun zusammen, „nämlich, dass seine Stürmer immer treffen“.

HEIKO OSTENDORF