Tauziehen um Entenwerder

Wegen einer Grünanlagenverordnung verweigern Hamburger Bezirks-Politiker einem Klima- und Migrations-Camp Flächen, auf denen die Zelte stehen können. Andererseits will keiner, dass sich die Aktivisten über die ganze Stadt verteilen

VON KAI VON APPEN

Das internationale Camp in Hamburg zu Klimawandel und Migration sorgt schon für Unruhe, bevor die ersten Zelte aufgeschlagen werden. „Wildes Campen in der ganzen Stadt wollen weder wir noch die Menschen in Hamburg“, sagt Ines Koburger, eine der SprecherInnen des „Klima- und AntiRa-Camps“. Andererseits müsse politischer Protest „zentral sichtbar sein“. Nach Schätzungen der Vorbereitungsgruppe werden zwischen dem 15. und 24. August rund 2.500 TeilnehmerInnen aus ganz Europa nach Hamburg kommen, um sich in Workshops und „Aktionen des Ungehorsams“ mit Migration und Klimawandel auseinanderzusetzen.

Die Camp-Vorbereitungsgruppe visiert die Grünfläche auf der Elbhalbinsel Entenwerder an, doch die gibt der zuständige Bezirk Hamburg-Mitte zurzeit nicht frei. „Egal, was man politisch von dem Camp hält, nach der Grünanlagenverordnung ist das Campieren in Parks verboten“, sagt Bezirksamts-Chef Markus Schreiber (SPD). Wenn dort 2.500 Menschen eine Woche lang campen, sei der Park für geraume Zeit ruiniert.

Auch Michael Osterburg, Bezirks-Fraktionschef der GAL und bezirklicher Koalitionspartner der SPD, sieht „formalrechtliche Probleme“ wegen Hygiene, Müll und Naturschutz. „Politisch ist das Camp völlig okay“, sagt Osterburg, das habe eine Debatte in der Bezirksversammlung gezeigt. „Alle Fraktionen haben das Camp grundsätzlich unterstützt, auch die CDU.“ Entenwerder sei aber die „grüne Lunge“ des sozial schwachen und eng bebauten Stadtteils Rothenburgsort. „Den Park kann man den Bewohnern nicht eine Woche und länger wegnehmen.“

Auch das Alternativ-Terrain Glinder Au in Mümmelmannsberg ist inzwischen der Grünanlagenverordnung zum Opfer gefallen. „Im Bezirk-Mitte gibt es keine Fläche“, bekräftigt Bezirkschef Schreiber. Er setzt auf einen Platz im Hafen neben dem Musicalzelt „König der Löwen“. Dort hatte 2002 das antirassistische Camp „Land in Sicht“ stattgefunden. Das Areal ist aber teilweise bebaut worden, so dass es zu klein geworden ist.

Auch die Suche in anderen Regionen blieb erfolglos. So lehnte der Bezirk Hamburg-Eimsbüttel das Campieren in der Parkanlage Voßbarg ab, auch der Nutzung der Großen Moorweide in der City versagte der Bezirk wegen schlechter Erfahrungen die Zustimmung, da Grasfläche bei so vielen Menschen „danach platt wäre“ .

Die Veranstalter sind fest entschlossen, an Entenwerder festzuhalten. „Ein bedeutendes Argument für den Entenwerder Park ist die zentrale Lage“, schreibt Adolf Riekenberg , der für Attac im Vorbereitungskreis sitzt, in einem Brief an Bezirkschef Schreiber. „Diese ist notwendig, um die politischen Inhalte des Camps in die Öffentlichkeit zu tragen.“ Die Vorbereitungsgruppe sei bemüht, „die Infrastruktur des Camps und die Versorgung der TeilnehmerInnen ordnungsgemäß zu gewährleisten“. Dafür müssten baldmöglichst Absprachen mit Behörden sowie Polizei und Feuerwehr erfolgen.

Eine Verbannung vor die Stadttore kommt für die Veranstalter nicht in Frage. Hamburg werde als „Symbol inhumaner Abschiebepolitik und des unverantwortlichen Ausbaus der Kohleverstromung“ unweigerlich der Ort der Proteste gegen diese Politik sein, sagt Tadzio Müller, ein weiterer Sprecher des „Klima- und AntiRa-Camps“. „Daran kann keine städtische Grünflächenverordnung etwas ändern.“ Im Gegenzug macht Bezirks-Chef Schreiber klar, dass er wildes Campen nicht dulden werde. „Wenn die in Entenwerder campieren, muss ich die Polizei um Amtshilfe rufen“, so Schreiber.

Doch der Bezirksamts-Chef sieht das im Moment noch gelassen und erinnert an das Camp „Land in Sicht“, das in der Ära des rechtspopulistischen Innensenators Ronald Schill stattgefunden habe. Auch damals habe die Polizei nicht gewollt, dass sich die Leute auf die ganze Stadt verteilen, sagt Schreiber. Seinerzeit habe Innenstaatsrat Walter Wellinghausen interveniert: „Der hatte die lieber auf einem Haufen.“