berliner szenen Bugababy mit Rucola

Auf der Adalbertbrücke

„Charlie“, krächzt der Mann in zerschlissenen Jeans und vor Dreck starrendem T-Shirt. „Charlie, Charlie.“ Er sitzt an das Geländer der Brücke gelehnt auf dem Boden. Eine Flasche Sternburg steht vor ihm. Unter den Achseln hat er große Schweißflecken. „Nein danke“, sage ich höflich und setze mich ein bisschen weiter weg auf den warmen Asphalt.

Es ist sechs Uhr abends. Es ist heiß, die Adalbertbrücke am Urbanhafen ist voller Menschen. Gegenüber hat sich eine Band aufgestellt. Ein Kontrabass, ein Schlagzeug und zwei E-Gitarren. Sie spielen Countrysongs. Die Leute auf der Brücke applaudieren begeistert. Ein Paar mit Bugaboo-Kinderwagen lässt sich auf dem Kopfsteinpflaster des Mittelstreifens nieder. Sie breitet eine Decke aus, er hebt das nur ein paar Monate alt aussehende Kind heraus und legt es zärtlich auf den Boden. Das Baby liegt auf dem Bauch, sabbert und schaut den Autos zu, die nur wenige Meter entfernt vorbeifahren.

Wenig später hält ein junger Mann mit Fahrradanhänger laut klingelnd vor dem Paar mit ihrem Baby. Geschickt springt er vom Fahrrad, holt zwei leere Weinkisten aus dem Anhänger und stellt sie auf die Decke. „Einmal XXL-Napoli mit extra Rucola!“, ruft er laut und setzt einen Pizzakarton mit einem Meter Durchmesser auf die Kisten. „Damit die Pizza nicht schmutzig wird“, sagt der junge Mann. Das Paar bezahlt und setzt sich dann zum Essen neben sein Kind und die Pizza auf den Boden. Die ganze Brücke schaut ihnen beim Essen zu.

„Charlie“, krächzt der Mann am Geländer erneut. „Charlie, Charlie.“ Ich schaue zu ihm herüber. Neben ihm steht ein Vogelkäfig. Im Vogelkäfig sitzt ein sehr räudig aussehender Papagei auf der Stange und zittert.

MAREIKE BARMEYER