Neues Wissen gegen alte Strukturen

betr.: „Im Schatten der Solarpanele“ von Nils aus dem Moore, taz vom 23. 7. 08

Zumindest in dem einen Punkt mag der Wirtschaftsforscher des RWI Recht haben: „Nur mit ökonomischer Logik lässt sich die Welt retten.“ Genau deshalb sind aber Wind und Sonne keineswegs eine „nationale Katastrophe“. Schon lange kostet uns der Strom aus konventionellen Kraftwerken mehr als nur auf unserer Stromrechnung steht. Kohle, Gas und Öl erzeugen zunehmend Kosten, die wir auf anderen Rechnungen bezahlen: Gesundheit (Feinstaub, Atemwege), Ökologie (saurer Regen, Biodiversität.), Versorgungssicherheit und Geopolitik.

Unter dem Titel „Externe Kosten der Stromerzeugung“ (DLR, Fraunhofer, 2006) erfährt man, was alles nicht auf unserer Stromrechnung steht, obwohl es durch die Energieproduktion verursacht wird. Durch unsere Beiträge an Krankenkassen sowie Steuergelder wird insofern seit jeher konventionelle Stromproduktion subventioniert. Energieversorgungsunternehmen hatten lange Zeit eine regelrechte Allergie gegen solche Logik. Auch klar, eigentlich.

Der Wettbewerbsverzerrung hat Deutschland per Gesetz (StEG, EEG) entgegengewirkt. Schließlich kann man nicht ewig auf der „Hurra, Kohle und Atom!“-Welle schwimmen, zumindest wenn man über den Zeitraum einer Legislaturperiode oder eines Vorstandspostens hinweg denkt. Die Erkenntnis ist nicht neu (aber unverständlicherweise nicht populär), dass die Energieversorgung auf Basis erneuerbarer Energien nicht nur machbar, sondern auch langfristig billiger ist. Dass sich neues Wissen aber nur mühsam gegen alte Strukturen durchsetzt, tja, schade eigentlich. Aber, hoppla, schon sind GE, Siemens, Eon, RWE etc. auf den Zug aufgesprungen. Vielleicht doch noch nicht zu spät?

Es macht auch Mut, dass die dank deutscher Wettbewerbsentzerrung blühende (weil mit Schwung technologisch entwickelte) Windkraft weltweit als kostengünstige, lokale, schnell verfügbare saubere Energiequelle erkannt und zunehmend eingesetzt wird. Als Energiequelle wohlgemerkt und nicht als funktionskastrierter CO2-Vermeider. Entwicklungs- und Schwellenländer können offenbar tatsächlich ökonomische Logik anwenden. Sie müssen nicht erst verkrustete Denkmuster zerbröseln. INGO KANIRA, Hannover