WENIG TOURISTEN

Flaues Olympiajahr

Das von der chinesischen Tourismuswirtschaft im Olympiajahr 2008 erhoffte große Geschäft mit ausländischen Besuchern ist bisher ausgeblieben. Es kommen sogar weniger Gäste als im Vorjahr. „Ich habe dieses Jahr ein Drittel weniger Kunden“, klagt Touristenführer An Sheng-zu aus der Hafenstadt Qingdao. „Die ausländischen Gäste bleiben wegen der Olympischen Spiele weg, wegen der hohen Preise und wegen dem erwarteten Trubel.“ In Qingdao, das für seine Strände, Meeresfrüchte, sein Bier und deutsche Kolonialarchitektur bekannt ist, finden die olympischen Segelwettbewerbe statt. In Peking sind die Preise für Hotelzimmer, noch vor einiger Zeit bei Buchungen für August um das Fünf- bis Zehnfache über denen des Vorjahresmonats, inzwischen wieder gesunken. Und die Hotels, deren Kapazitäten stark ausgebaut wurden, sind längst nicht ausgelastet. Die Buchungen für die Zeit der Spiele lag laut Pekings Fremdenverkehrsamt im Mai für 5-Sterne-Hotels bei 77 Prozent, bei 4-Sterne-Hotels gar nur bei 44 Prozent. Schon im Mai kamen laut Fremdenverkehrsamt 14,2 Prozent weniger ausländische Touristen in die Stadt als im gleichen Monat des Vorjahres.

Für den Rückgang werden mehrere Faktoren verantwortlich gemacht: Chinas Imageprobleme wegen der Tibet-Unruhen und der Proteste beim Fackellauf sowie der mehrwöchigen Sperrung Tibets für Ausländer, die restriktivere Visapolitik, das schwere Erdbeben in Sichuan und die hohen Preisaufschläge wegen der Olympischen Spiele bei Hotels und Fluglinien. Auch Letztere klagen über Rückgange. So hatte Air China im Mai fast 11 Prozent weniger Passagiere als im Vorjahresmonat, China Eastern ein Minus von 8 Prozent.

Nicht alle sind von den Entwicklungen in diesem Jahr überrascht. Marcel Schneider, Geschäftsführer von TUI China, erweckt gegenüber der taz den Eindruck, dass man damit zum Teil auch hätte rechnen können. Doch Schneider ist insgesamt optimistisch. „Der Chinaboom wird anhalten. Es gibt 2008 eine Delle; aber vorausgesetzt, eine Krise wie 2003 die Lungenkrankheit Sars bleibt aus, wird der Markt weiter wachsen.“ 2007 war der Umsatz von TUI China, einem 2003 gegründeten Joint Venture zwischen dem staatlichen China Travel Service (CTS) und dem deutschen Mehrheitseigner TUI AG, laut Schneider um 50 Prozent gewachsen. „So wie wir 2006 und 2007 von der Gratiswerbung durch die Spiele profitiert haben, werden wir es auch 2009 tun.“ Da ist er sich sicher. SVEN HANSEN