kurzkritik: Rainald Goetz’ „Jeff Koons“ im Concordia
: Betörend unverständlich

Drunter und drüber, kreuz und quer drauflosgeschwätzt. Das Textmaterial ist betörend – unverständlich. Frei rhythmisiertes Wortgeklingel, großstadtneurotische Quassel-Prosa, geistreiche Blödeleien, aber auch himmelwärts strebende lyrische Passagen und todernste Bonmots. Eine Literatur gewordene Stichwortsammlung der intellektuellen Gier, schmerzenden Seele und drangsalierten Herzen. Denn es geht um alles und nichts, die Verschmelzung von Kunst und Leben zu Pop: Sex, Drogen, Party. Das Drumherum des Kulturbetriebs als Parodie auf unser wunderbares, deprimierendes Dasein. Das Leben als Vernissage. So kann „Jeff Koons“ gelesen werden.

Der Titel gibt nur einen Assoziationsrahmen vor: Künstlerdrama und Fokussierung auf die lackierten Oberflächen der leeren Dinge, sinnlosen Tatsachen und behaupteten Identitäten. Regisseur Patrick Schimanski reizt diese dramaturgische Offenheit, er destilliert keine großen Ideenzusammenhänge heraus, strukturiert die flirrenden Widersprüchlichkeiten nicht, verteilt die amorphen Textflächen nur gezielt auf seine Darsteller, illustriert die vielstimmige Sprachmusik und irrlichternden Momentaufnahmen als amüsanten Bilderreigen, macht aus dem wortverliebten Inhaltsvakuum eine kunterbunte Revue. So dass man sich nicht fragen muss, warum diese Passage gesungen, diese im Chor gesprochen wird, warum eine Sentenz getanzt oder im bayerischen Idiom oder (wie etwa die Hälfte der Vorlage) gar nicht vorgetragen wird. Da die Aufführung das Ergebnis einer Qualifizierungsmaßnahme für Theaterkünstler ist, sorgt Schimanski mit frappierender Inszenierungsfantasie dafür, ständig möglichst vielen Teilnehmern Präsentationsmöglichkeiten auf der Bühne zu verschaffen. Das ist optisch sehr unterhaltsam, darstellerisch arg disparat, inhaltlich irgendwie egal. Unverständlich – betörend. Jens Fischer

Termine: 29./30./31.7., 1./2.8., 20 h