Brennpunkt

Den Karlsruher Richterspruch zum Rauchverbot hat die ARD live übertragen – wie immer, wenn es ernst wird

Unter Shakespeare macht’s die ARD nicht, wenn sie sich schon zum Wagnis Liveübertragung durchringt. „Rauchen oder nicht rauchen, das ist hier die Frage“, so eröffnet gestern um 9.55 Uhr ARD-Rechtsexperte Karl-Dieter Möller die Übertragung aus dem Bundesverfassungsgericht. Großes Theater so früh am Morgen.

Als Prolog zur Live-Schalte dient ein erklärendes Filmchen: Die klagenden Wirte bei der Arbeit, Bier zapfend und Kette rauchend. Uli Neu aus Tübingen hat seit dem Rauchverbot mit einem Umsatzrückgang von 30 Prozent zu kämpfen. Erster dramatischer Höhepunkt, als der Schwabe erklärt: „Hier gäht’s ums pure Üborläben!“

Szenenwechsel, Retrospektive: Möller im Gespräch mit Ex-Richter Hans-Hugo Klein. Der Zigarrenraucher schwelgt in Erinnerungen: Als er 1983 nach Karlsruhe kam, waren „sieben von acht Richtern Raucher“ – und sogar während der Urteilsberatung durfte gequalmt werden.

Zurück in der rauen Gegenwart, im Gerichtssaal: Acht Herrschaften in roten Roben halten feierlich Einzug. Es folgt ein mit fester, sonorer Stimme gesprochener Monolog des Bundesverfassungsrichters Hans-Jürgen Papier. Einige Längen prägen seinen Vortrag, es geht um Aktenzeichen, Paragrafen und „festgestellte Anwesenheit“.

Doch das scheint ein kalkulierter Spannungsbogen zu sein – gerade, als die Gedanken abzuschweifen drohen, das Schlagwort: „Im Namen des Volkes ergeht folgendes Urteil“: Rauchverbot und Grundgesetz sind unvereinbar. Erleichterung im Publikum, wer jedoch Szenenapplaus erwartet hatte, wird enttäuscht.

Zweiter Auftritt: das Expertenduo, das den juristischen Erguss in verständlichem Deutsch zusammenfasst. Am Ende bleibt, trotz aller Fristen, Quadratmeter- und Altersbeschränkungen Möllers konzises Schlusswort haften: „Der Raucher, der freut sich.“ DÖRTE SCHÜTZ