DIE DOHA-RUNDE IST TOT – DIE WELTHANDELSPOLITIK BRAUCHT NEUE ZIELE
: Endlich: Jetzt steht die WTO in Frage

Die seit sieben Jahren laufende Doha-Runde ist tot, und damit ist auch die vor 15 Jahren gegründete Welthandelsorganisation WTO gänzlich in Frage gestellt. Das ist eine gute Entwicklung, denn jetzt besteht zumindest eine Chance für die seit langem überfällige grundlegende Neuausrichtung internationaler Handels- und Wirtschaftspolitik. Als ihre Ziele müssen definiert werden: Gerechtigkeit, Umweltverträglichkeit sowie die Bewahrung oder Wiederherstellung der Verantwortung und Kontrolle über die eigene Lebensumwelt für möglichst viele BewohnerInnen dieser Erde. Die Verfolgung dieser Ziele ist innerhalb der ausschließlich auf Freihandel, Marktöffnung und Privatisierung fixierten WTO nicht möglich. Das zeigt sich am dramatischsten in der Streitfrage, an der die Genfer Verhandlungen schließlich gescheitert sind.

Die Forderung nach Abbau von Agrarzöllen und -subventionen entspricht zwar der WTO-Logik des Freihandels. Doch sie steht im Widerspruch zu einem sehr viel höheren Gut: dem Erhalt beziehungsweise der Wiedergewinnung von Nahrungsmittelsicherheit – nicht nur in vielen Entwicklungs- und Schwellenländern, sondern auch im Industriestaat Japan. Die Forderung armer Staaten nach einem verbesserten Zugang für ihre Agrarprodukte auf die Märkte der reichen Länder ist zudem nicht nur konform mit der Logik des Freihandels, sondern auch unter dem Kriterium der Gerechtigkeit nachvollziehbar. Unter ökologischen Gesichtspunkten ist eine Ausweitung des weltweiten Handels mit Nahrungsmitteln und ihren Rohstoffen allerdings unsinnig.

Ohne WTO und ohne globale Verhandlungen und Vereinbarungen drohe ein „Rückfall“ in regionale und bilaterale Handelspolitik, wird häufig eingewandt. Doch dieses Argument überzeugt nicht. Denn regionale und bilaterale Handelspolitik hat es auch seit Gründung der WTO und durch deren Existenz unbehindert immer gegeben. Je nachdem, wo einzelne Staaten ihre größeren Vorteile sahen. Beste Beispiele sind die von den USA betriebene nordamerikanische Freihandelszone Nafta (mit Kanada und Mexiko) sowie die diversen Regionalabkommen der EU mit Staaten Afrikas, Asiens und der Karibik. ANDREAS ZUMACH