Neues Angebot für psychisch kranke Mütter

Seit einem Jahr existiert im Bremer Westen eine Mutter-Kind-Wohngemeinschaft. Die Frauen lernen, sich Hilfe zu holen

Für psychisch kranke Eltern bestehen in Bremen mehr Hilfsangebote als das Sozialressort weiß. So gibt es anders als ein Behördensprecher gesagt hatte, nicht nur die Möglichkeit einen Paten vermittelt zu bekommen, sondern auch eine Wohngemeinschaft für Mütter.

Vor einem Jahr wurde das Kooperationsprojekt „Kokon“ der Caritas Erziehungshilfe und der Bremer Werkgemeinschaft gegründet – aus der Einsicht heraus, dass es den Problemen nicht gerecht wird, wenn sich der eine Verein nur um die Erwachsenen kümmert und der andere nur um die Kinder, sagt Stefanie Hüsing von der Bremer Werkgemeinschaft, einem Verein, der mit psychisch Kranken arbeitet.

Drei Mütter können gleichzeitig mit ihren Kindern in dem Haus im Bremer Westen leben und sich dabei helfen lassen, ihre Kinder gut zu versorgen. Sie sollen lernen, frühzeitig zu erkennen, wann sie aufgrund ihrer Krankheit Hilfe brauchen und wo sie sie bekommen, so Hüsing. „Viele dieser Erkrankungen sind nicht permanent“, so die Sozialpädagogin, „einige stabilisieren sich und kommen danach alleine zurecht“.

Dass die CDU in der aktuellen Debatte um eine Gröpelinger Mutter psychisch kranke Eltern als „Risikogruppe“ bezeichnet – woraus eine Bremer Tageszeitung „Hochrisikogruppe“ machte – ärgert Hüsing. „Das ist eine unnötige Stigmatisierung.“ Wer sich die Mühe mache und entsprechende Stadtteile aufsuche, würde dort viele Kinder treffen, die einen „verwahrlosten“ Eindruck machen. „Außerdem gibt es nicht nur Elendsfamilien in Hinblick auf materielles Elend, sondern auch seelische Vernachlässigung – nur die sehen Sie nicht so schnell.“ Und psychische Erkrankungen, wozu auch Depressionen zählen, kämen ohnehin in allen Einkommensklassen vor.

Hüsing räumte ein, dass es schwierig sei, mit Familien zu arbeiten, die Hilfe verweigern wie die Eltern der beiden Mädchen aus Gröpelingen. Auch zu Kokon kämen viele erst, wenn das Jugendamt überlegt, die Kinder weg zu nehmen. „Oder das Kind war in einer Pflegefamilie, den Frauen geht es besser, und sie möchten es zurück haben.“ Anfragen kämen aber nicht nur von den Behörden, die die Sicherung des Kindeswohls im Auge haben sollen, sondern auch von den medizinischen Diensten, bei denen die Erwachsenen in Behandlung sind. „Seit Kevin ist allen viel bewusster, dass man auch immer fragen muss, ob Kinder im Haushalt leben.“

Im Schnitt blieben die Mütter neun Monate, eine traf während dieser Zeit die Entscheidung, ihr Neugeborenes in eine Pflegefamilie zu geben. eib