Der Schlingerkurs der Hafenfähren

Seit 120 Jahren bestimmt die Hadag den Personenverkehr auf der Elbe. Über die wechselvolle Geschichte des Unternehmens, dessen Schiffe zur Zeit des Kalten Krieges sogar Rostock anliefen, informiert jetzt eine Festschrift

Sie prägen das Bild des Hamburger Hafens nicht weniger als die schwer beladenen Pötte: die kleinen Linienfährschiffe der Hadag. Und das seit nunmehr 120 Jahren, seit die „Hafendampfschiffahrt-Actien-Gesellschaft“ am 8. August 1888 vom Senat die alleinige Konzession der Hafenfährverbindungen bekam. Anlässlich dieses Jubiläums hat die Hadag eine 60-seitige Broschüre zu ihrer Historie herausgegeben, verfasst von Christian Müller.

Nötig geworden war die Gründung, um dem wachsenden Hafen das anschwellende Heer der Hafenarbeiter pünktlich und verlässlich zuzuführen. Trotzdem fuhr man anfänglich Verluste ein. Und der Senat hatte der jungen AG wenig Spielraum gelassen, darauf zu reagieren. Als die Hadag den Fahrpreis von fünf auf zehn Pfennig heraufsetzen wollte, wiedersetzte sich der Senat – aus sozialen Gründen. Schließlich einigte man sich auf einen jährlichen Subventionsbeitrag, den man der argwöhnischen Bürgerschaft als Honorar für die Feuerlöschbereitschaft der mit Spritzen ausgerüsteten Hadag-Schiffe verkaufte.

Im Ersten Weltkrieg darbten die Geschäfte, so dass 1918 der Senat die Aktien des Unternehmens übernehmen musste. 1921 bekam die Hadag die alleinige Konzession zur „Großen Hafenrundfahrt“. 1925 nahm man das erste Dieselmotorenschiff in den Dienst. Bis zu 3.000 Personen konnten mit der „Jan Molsen“ in den Hafen geschifft werden. Und an Wochenenden fuhr das Schiff bis nach Cuxhaven, um das gesteigerte Reisebedürfnis der neuen Zeit zu befriedigen.

Während des Zweiten Weltkriegs ganz zum Erliegen gekommen, begann der Verkehr in den 50er Jahren wieder zu florieren. Und wie: Die Hadag nahm einen Seebäderdienst in Betrieb und fuhr von Hamburg über Cuxhaven und Helgoland bis nach Sylt. 1963 wurde für diese Linie eigens die „Helgoland“ gebaut. Das Schiff sollte allerdings drei Jahre später weit über sein ursprüngliches Ziel hinausfahren: Als die Amerikaner 1966 Deutschland um Solidarität in Vietnam baten, ging die „Helgoland“ als Lazarettschiff nach Saigon. Und zehn Jahre später nahm das selbe Schiff erneut einen denkwürdigen Kurs: Von Travemünde steuert es Rostock an – und ermöglicht den Westtouristen ohne Visa einen Blick hinter den „Eisernen Vorhang“ zu werfen.

Wie überhaupt die Hadag in den 1970er Jahren sich in rege Geschäfte stürzte: Die Hadag-Air flog Helgoland an, ihre Schiffe kreuzten zwischen Dänemark und Schweden, verbanden Hamburg mit dem englischen Harwich. 1981 kam schließlich noch ein eigenes Kreuzfahrtschiff dazu – das prompt in tiefrote Zahlen geriet und das Unternehmen an den Rand der Pleite brachte.

Danach konzentrierte sich die Hadag wieder aufs alte Geschäft: den Hafenverkehr. Mit Erfolg: Seit 1997 haben sich die Beförderungszahlen fast verdreifacht. MAXIMILIAN PROBST