Konfusion in Mauretanien nach dem Putsch

Die neue Militärjunta verspricht, sie halte sich an die Verfassung. Protest gegen Staatsstreich unterdrückt

BERLIN taz ■ Zwei Tage nach dem Militärputsch in Mauretanien herrscht Unklarheit über die Intentionen der neuen Machthaber. Der am Mittwoch als Militärjunta gebildete „Hohe Staatsrat“ unter Führung des Präsidialgardechefs General Mohamed Ould Abdelaziz hat jetzt versprochen, das gewählte Parlament verbleibe im Amt, die demokratische Verfassung Mauretaniens bleibe in Kraft, die Betätigungsfreiheit politischer Parteien und die Bürgerrechte seien gewährleistet.

Man wolle „nicht mehr als nötig in das Funktionieren der demokratischen Institutionen eingreifen“, hieß es in der am Donnerstagabend verbreiteten Erklärung. Der „Staatsrat“ werde „für so wenig Zeit wie möglich kollektiv die Befugnisse ausüben, die die Verfassung dem Präsidenten der Republik zuweist“. Also werde die Junta eine neue Regierung bilden.

Der Versuch, die neue Militärherrschaft in den Rahmen einer demokratischen Verfassung zu stellen, sorgt offenbar für Verwirrung. Die politischen Parteien des bisherigen Regierungslagers, die eher als dem Militär nahestehend galten, empören sich über den Staatsstreich und rufen zu Protesten auf. Die bisherigen Oppositionsparteien, die historisch eher zur Demokratiebewegung Mauretaniens gehören, vermeiden hingegen eine Verurteilung des Putsches. Ihr Vierparteienbündnis, allen voran die RFD (Sammlung der Demokratischen Kräfte) des historischen Oppositionsführers Ould Daddah, rief in seiner Erklärung die Militärs lediglich dazu auf, die geplante Dauer ihrer Herrschaft bekanntzugeben und ihre Regierung „nach Kriterien der Kompetenz und der Unbescholtenheit“ zu ernennen.

Es blieb einem Kollektiv der Zivilgesellschaft überlassen, das unter anderem die Organisationen ehemaliger mauretanischer Sklaven und Frauengruppen versammelt, in einer Erklärung die „gewaltsame Machtergreifung“ abzulehnen und die „unverzügliche Rückkehr zu einem normalen verfassungsmäßigen Zustand“ zu fordern. Eine von den Gegnern des Putsches am Donnerstag organisierte Demonstration gegen den Staatsstreich wurde von der Polizei gewaltsam aufgelöst.

Eine Demonstration für den Putsch, an der 1.000 Menschen und mehrere hundert Autos teilnahmen, durfte hingegen kurz vorher am Donnerstag ungehindert durch die Straßen ziehen. Unter Riesenporträts des neuen Machthabers skandierten die Marschierer seinen Namen „Aziz! Aziz!“ und erklärten: „Die Militärs sind unsere Beschützer.“

Im Anschluss an diese Rede wandte sich der neue Machthaber Ould Abdelaziz erstmals an das Volk. „Ich verspreche, alle Probleme des Landes zu lösen“, sagte der 52-jährige General. „Die Streitkräfte bleiben an der Seite des Volkes zur Vertiefung der Demokratie. Sie haben die Demokratie gebracht, und sie werden auf sie aufpassen.“ Tatsächlich war es 2005 ein Militärputsch gewesen, der die Demokratisierung Mauretaniens ermöglicht hatte. Damals allerdings, so erinnern sich mauretanische Kommentatoren, waren Demonstrationen gegen die Militärmachthaber durchaus zugelassen.

DOMINIC JOHNSON