Wir müssen draußen bleiben

Zahlreiche deutsche Spitzensportler fehlen bei den Olympischen Spielen in Peking – einige trotz unbestrittenen Medaillenpotenzials. Wegen der strengen Nominierungskriterien zogen Athleten sogar vor die Gerichte

BERLIN taz ■ Mandy Planert hat auf ihrer Homepage ein klares Ziel formuliert: „Teilnahme und Medaille bei den Olympischen Spielen 2008 in Peking“ – das hat die Kanutin verfehlt. Auf ihrer Heimstrecke in Leipzig wollte sie sich zum dritten Mal für Olympia qualifizieren. Doch nach dem dritten von vier Rennen war klar, dass es nicht reichen würde. Planerts Lebensgefährte Jan Benzien hingegen gewann die deutsche Qualifikation. In Peking darf erstmals nur noch ein Boot pro Land und Disziplin starten – und Platz eins war für Planert außer Schlagweite. Die Auswahl-Kriterien für Olympia sind hart. Nicht nur der jeweilige Weltverband, sondern auch der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) hat daran seinen Anteil.

Leistungssportdirektor Bernhard Schwank sagt: „Wir sind hier, um erfolgreich zu sein.“ Dafür braucht es die besten Sportler des Landes. Doch wie Vize-Weltmeisterin Planert sind auch andere Spitzensportler nicht in Peking dabei. Trotz unbestrittenen Medaillenpotenzials.

Am härtesten hat es dabei sicherlich Manfred Kurzer getroffen. In Athen hatte der Sportschütze Gold geholt. Doch er wird seinen Titel in Peking nicht verteidigen können: Seine Disziplin, die „laufende Scheibe“, flog aus dem olympischen Wettbewerbskanon. Nachdem die Entscheidung gefallen war, beendete er sogleich seine Laufbahn als Leistungssportler.

Auch der 40-jährigen Diskuswerferin Franka Dietzsch, amtierende Weltmeisterin, wurden gute Medaillenchancen eingeräumt. Doch sie verzichtete auf die Olympischen Spiele. Dabei war ihr der Startplatz sogar garantiert worden, obwohl sie die Nominierungskriterien nicht erfüllt hatte. „Wäre meine Karriere schlechter verlaufen, wäre ich sicher des olympischen Erlebnisses wegen mitgefahren. So war mein Ziel aber schon ein würdiger Abschluss mit einer Olympia-Medaille“, erzählt die dreifache Weltmeisterin, „das war aber auf Grund meines Trainingsrückstandes nicht möglich.“ Nun sollen die Leichtathletik-Weltmeisterschaften 2009 in Berlin ein würdigerer Abschluss ihrer Karriere werden, als es die Pekinger Spiele hätten sein können.

Von einem freiwilligen Verzicht war Vipa Bernhardt weit entfernt. Die Schwimmerin wollte in Peking unbedingt dabei sein. Trotz verpasster Qualifikation. Sie versuchte ihre Nominierung auf dem Rechtsweg zu erzwingen – und scheiterte. Da für Bernhardt eine qualifizierte Teamkameradin aus dem Kader geflogen wäre, erntete sie von allen Seiten harsche Kritik. Auch der Dreispringer Charles Friedek rief ein Gericht an. Friedek hatte die vom Deutschen Leichtathletikverband (DLV) geforderte Olympianorm erfüllt, zweimal die 17-Meter-Marke übersprungen. Allerdings in einem Wettbewerb. Der DOSB nominierte den Weltmeister von 1999 nicht. Es folgte eine einstweilige Verfügung des 36-Jährigen. Doch die Richter lehnten seinen Antrag ab. So bleibt Friedek genau wie Kurzer, Dietzsch und Bernhardt in der Heimat. Dort weilen auch drei Medaillen-Kandidaten der Leichtathletik: Bianca Kappler (Weitsprung), Irina Mikitenko (Marathon) und Eike Onnen (Hochsprung). Ihre Verletzungen ließen den DLV-Kader auf 60 Sportler schrumpfen. In Athen waren es noch 76.

Mandy Planert verbringt in diesen Tagen sehr viel Zeit zu Hause. Wenn sie ihre Findungsphase abgeschlossen hat, will sie sich neue Ziele stecken. Dass sie 2012 – mit 37 Jahren – ein weiteres Mal die Qualifikation für Olympische Spiele angeht, schließt sie aus. „Ich war in Sydney und Athen dabei, habe mein ganzes Leben auf Olympia abgestimmt“, sagt sie und fügt nach einem Zögern hinzu, „dabei gefällt es mir so, wie es jetzt ist – und mein Sohn Jonas genießt das auch.“

JOHN HENNIG, JÜRN KRUSE