KOMMENTAR DES TAGES
: Ein Feuerwerk der Kontrolle

Keine Frage: Auch ohne Beteiligung von Steven Spielberg, der sich aus Protest gegen Pekings Darfur-Politik zurückzog, haben Chinas Verantwortliche eine beeindruckende, perfekte Eröffnungsshow geliefert. Das muss auch anerkennen, wer kein Freund von Massenspektakeln und Feuerwerken ist. Mit Effekten auf modernstem technischen und ästhetischen Niveau gab es eine Reise durch Chinas jahrtausende alte Zivilisation und ihre Errungenschaften.

Diese Show wirbt um Sympathie für das Land, seine Menschen und Regierung. China hat in vielen Ländern ein Image-Problem. Erfolgreiche Spiele könnten da helfen. Doch in den vergangenen Monaten haben die bevorstehenden Spiele die Image-Probleme nur verschärft. Denn bisher haben die Spiele nicht wie von vielen erhofft zur gesellschaftlichen und politischen Liberalisierung beigetragen.

Chinas Führung hat in letzter Zeit nicht im Vertrauen auf die eigene Bevölkerung gehandelt, sondern oft arrogant und autoritär. Vielmehr griff das sich so modern gebende offizielle China nach den Tibet-Unruhen auf den Jargon der Kulturrevolution zurück. Chinas Führung hat sich um eine perfekte Hardware der Spiele bemüht und dabei keine Kosten gescheut. Bei der Software wurde aber auf verstärkte Kontrolle gesetzt sowie auf traditionelle Massenkampagnen. Das steht eher für dunkle Vergangenheit als für attraktive Zukunft.

Beklagen nicht wenige Chinesen hinter vorgehaltener Hand die hohen Kosten der Pekinger Spiele, so erhoffen sie sich doch einen Nutzen. Die Opfer sollen nicht umsonst gewesen sein. Doch statt die Spiele für politische und gesellschaftliche Reformen zu nutzen, missbraucht die Führung sie zur Stärkung ihrer autoritäten Herrschaft. Politische und soziale Aktivisten hatten es in den vergangenen Jahren selten so schwer wie zuletzt.

Peking kennt keine olympische Gnade. Hinter der perfekten Inszenierung steckt mehr eine Maske als ein menschliches Gesicht. Chinas KP zeigt sich verhärtet. Viele Chinesen hoffen schon jetzt, dass die Spiele bald vorbei sein mögen. Die Hoffnungen auf eine Liberalisierung sind auf die Zeit danach vertagt. Zugleich wird befürchtet, dass Störungen der Spiele zu weiterer Verhärtung führen.

In den nächsten zwei Wochen mag es so technisch perfekte Spiele geben wie die jetzt perfekt inszenierte Eröffnung. Unbeschwerte und fröhliche Spiele werden es nicht sein. Denn echte Spontanität ist kaum möglich, wenn alles rund um die Spiele streng kontrolliert ist und nichts dem Zufall überlassen bleibt. Schade. Die Menschen in China hätten es verdient. SVEN HANSEN